Rund 5 km östlich von Oberndorf am Neckar befindet sich der Ort Trichtingen, Gemeinde Epfendorf, im Landkreis Rottweil, der auf eine lange Steinhauertradition zurückblickt. Ein besonders schönes Verwendungsbeispiel für Trichtinger Sandstein (Mittelkeuper, Stuttgart-Formation) ist die Kirche in Altoberndorf. Nördlich des Ortes erhebt sich ein Höhenrücken mit zwei Geländestufen, die obere aus Schichten der Stubensandstein-Formation, die untere aus Schilfsandstein. Der geologische Bau dieses Gebietes ist durch einen nur etwa 300–400 m breiten, tektonischen Graben gekennzeichnet, der das Gebiet in NO–SW-Richtung durchzieht. Einige Werksteinbrüche liegen innerhalb des Grabens, der möglicherweise einen ehemals besonders tief eingekerbten Schilfsandsteinstrang nachzeichnet. Die Mächtigkeit des Sandsteins erreicht 20 m. In den meisten Steinbrüchen liegt die früher genutzte Mächtigkeit bei 8–10 m, so z. B. im großen alten Bruchgelände im Forchenwäldle.
Im gelegentlich in Betrieb (Stand 2021) befindlichen Steinbruch der Fa. Dietmar Holzer Natursteine im Gewann Brand (RG 7717‑9) ist die Nutzschicht 10–12 m mächtig aufgeschlossen; sie wird von ca. 3 m plattig-scherbig aufgewittertem Schilfsandstein und 2 m lehmigem Hangschutt und Boden überlagert. Im kleinen, dreisöhligen Steinbruch besteht die unterste 2,5 m mächtige Schicht aus einem gleichmäßig graugrünen Sandstein, der nach Angaben des Betreibers besonders hochwertig ist. Bildhauerarbeiten aus der Zeit um 1882 bestätigen dies. Darüber folgen 1,5–2 m tonige Zwischenschichten, dann bis 3,5 m roter Sandstein und darüber bis 6 m mächtige, graugrünliche und bräunlich rote, oft dunkel geflammte Sandsteine. Nach den benachbarten, am Hang etwas tiefer ansetzenden aufgelassenen Brüchen zu schließen, folgen unter der tiefsten Sohle im Stbr. Holzer nochmal ca. 5–6 m mächtige, dickbankige Sandsteine. Allem Augenschein nach weist das Gebiet Brand große Reserven an werksteinfähigem Schilfsandstein auf.
Im Stbr. Holzer (RG 7717‑9) sind die Schichten schwach mit 3–10° nach Nordosten geneigt, auch söhlige Bereiche treten auf. Trotz der Position zwischen zwei Grabenstörungen ist die Durchklüftung überwiegend weitständig. Drei Kluftrichtungen (Streichen) herrschen vor:
- 130/70–90°, (NO–SW)
- 160–190/65–85°, (ONO–WSW)
- 230/80°, (NW–SO)
Die ersten beiden Kluftrichtungen – „Abgänge“ in der Sprache der Steinhauer – folgen den Grabenrandstörungen, Richtung 3 ist genau senkrecht dazu orientiert. Eine vierte Richtung mit 88/85° ist selten.
Gesteinsbeschreibung
Der gleichmäßig feinkörnige Schilfsandstein von Trichtingen zeichnet sich durch verschiedene Farbtönungen und Strukturen aus. Oft ist er grünlich grau bis graugrün, fahlgelblich oder graurötlich, meist sehr gleichmäßig, bisweilen auch leicht geflammt. Die rötliche Varietät kann auch dunkle, tiefviolette Flasern aufweisen und erinnert daher an den Forellensandstein von Renfrizhausen. Es treten mächtige Werksteinbänke im Wechsel mit dünnschichtigen, tonreichen Partien von einigen dm Mächtigkeit auf. Der „Trichtinger“ besteht überwiegend aus 0,1–0,5 mm großen Quarzkörnchen; kleine Gesteinsbruchstücke sind schon seltener als in den nördlichen Schilfsandsteinvorkommen. Feinschuppige Hellglimmer sind regellos verteilt, und das Korngefüge zeigt sehr kleine, vernetzte Poren. Das Bindemittel ist überwiegend tonig bis tonig-ferritisch, z. T. leicht kieselig. Die rote, braune oder grüne Färbung geht auf Eisenoxid- bzw. Eisenhydroxidverbindungen in unterschiedlicher Konzentration und Oxidationsstufe zurück.
Technische Eigenschaften
Technische Eigenschaften des Trichtinger Sandsteins nach Prüfzeugnis der Fa. Holzer (Landesgewerbeanstalt Bayern, 1989):
Prüfzeugnis der Fa. Holzer (Landesgewerbeanstalt Bayern, 1989) |
Firmenangaben |
2,20–2,23 g/cm3 |
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Wasseraufnahme unter Atmosphärendruck |
6,7 M.‑% bzw. 14,3 Vol.‑% |
65–74 MPa, Mittelwert 71 MPa |
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5,6–7,5 MPa |
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Beständigkeit 1) |
frostbeständig |
1) Auf Dauerfeuchtigkeit oder salzhaltiges Spritzwasser reagiert der Sandstein durch Absanden, wie an älteren Gebäuden des Ortes zu sehen ist. Im Allgemeinen sind die Steine aus guten Bänken aber durch große Beständigkeit im Mauerwerk gekennzeichnet.
Gewinnung
Die Steinbrüche bei Trichtingen dürften schon so lange existieren wie der 1200 Jahre alte Ort selbst. Umfangreich war die Gewinnung etwa seit 1870 bis Ende der 1940er Jahre. Schreiner berichtete im Jahr 1950 (LGRB-Archiv) nach Erzählungen, dass im mittleren Bruch schon 1896 eine durch eine Dampfmaschine angetriebene Steinsäge aufgestellt war. Ende des 19. Jh. waren um die 100 Steinhauer in Trichtingen beschäftigt; Hauptabnehmer der erzeugten Sandsteinquader waren die Baustellen entlang der Neckartalbahn (Mitt. D. Holzer). Nach dem Zweiten Weltkrieg lagen die Brüche kurz still, doch spätestens 1950 fand im östlichen Bruch wieder Gewinnung mit Bohren und Schwarzpulversprengung statt; Betreiber war Eugen Arnold. Der sog. mittlere Bruch der Gebrüder Holzer lag still.
Im Jahr 1989 begann Dietmar Holzer aus Trichtingen, dessen Vater und Urgroßvater schon in den Brüchen oberhalb des Ortes gearbeitet haben, mit der Wiederinbetriebnahme des mittleren Steinbruchs „am Brand“, den er von der Gemeinde Trichtingen pachtete. Seit 1992 führt die Fa. Dietmar Holzer Natursteine dort gelegentlich Werksteingewinnung ausschließlich für den eigenen Bedarf im Steinmetzbetrieb in Trichtingen durch. Früher wurden die Blöcke mit händischem Schrämen, händischem Bohren und Keilen gewonnen. Heute werden die 1,5–2,5 m mächtigen Bänke durch druckluftbetriebenes Loch-an-Loch-Bohren und dann mittels Keilen oder Quellzement gelöst; bis ca. 10 t schwere Blöcke werden mit dem Radlader abgehoben.
Verwendung
Zu den bekannten Gebäuden aus Trichtinger Sandstein gehört die Kirche in Altoberndorf. Wichtigstes Produkt waren früher vor allem Steine für Massivmauern und Bodenplatten. Schreiner (LGRB-Archiv) berichtet, dass diese noch 1950 vornehmlich produziert wurden, daneben wurden große Werksteinblöcke für die Bildhauerei ausgeliefert. Heute wird er vor allem zur Herstellung von Treppenstufen, Fenstergesimsen, Grabmalen, Sockelsteinen bzw. Postamenten, Abdeckungen von Mauern und von Mauer- und Bossensteinen sowie für vielfältige Renovierungsarbeiten verwendet, gelegentlich auch für Brunnen und Skulpturen.
Potenzial
Im o. g. tektonischen Graben im Gebiet Brand stehen auf relativ kleiner Fläche mindestens 20 m mächtige, meist dickbankige und wenig gestörte, grünliche und braunrote, z. T. auch „forellenartig“ gefleckte Schilfsandsteine an; in drei Steinbrüchen sind sie aufgeschlossen. Südöstlich davon, auf der südlichen Grabenschulter, befindet sich im Forchenwäldle ein weiteres Bruchgelände innerhalb eines größeren, ebenfalls ca. 20 m mächtigen Vorkommens. Die guten, 5–10 m hohen Aufschlüsse lassen erkennen, dass die Mächtigkeit der Bänke des dort überwiegend braunroten Feinsandsteins mit zunehmender Entfernung vom ehemaligen Hang bzw. mit zunehmender Überlagerungsmächtigkeit zunimmt; sie variiert zwischen 20 cm und 2 m, auch die Zerklüftung wechselt rasch. Beide Vorkommen (Brand und Forchenwäldle) weisen große, gut erschließbare Vorräte auf. Die Verhältnisse für künftigen Abbau erscheinen bei Trichtingen günstiger als bei Renfrizhausen oder Wendelsheim.
Literatur
- (1964a). Geologie des Schilfsandsteins. – Mitteilungen aus dem Geologischen Staatsinstitut in Hamburg, 33, S. 1–140, 4 Taf., 15 Kt. [57 Abb.]