Übersicht
Im nordwestlichen Stadtgebiet von Schorndorf wurden im Oktober 2008 in der Nähe der Keplerschule zwei 115 Meter tiefe Bohrungen abgeteuft und zu Erdwärmesonden ausgebaut. Wenige Tage nach Abteufen der Bohrungen versiegte die aus den Talablagerungen artesisch austretende Rainbrunnenquelle auf dem Gelände der Keplerschule. Dies hatte zur Folge, dass auch das von der Quelle gespeiste Biotop trocken fiel.
Kurze Zeit später wurden am Pavillongebäude der Keplerschule sowie an Häusern und Garagen im umgebenden Wohngebiet neu aufgetretene Risse beobachtet. Außerdem fiel eine nicht weit entfernte und seit etwa 30 Jahren bestehende Grundwasserwärmepumpe, die das Grundwasser der Grabfeld-Formation direkt nutzte, trocken.
Geologische und hydrogeologische Verhältnisse
Der Untergrund in Schorndorf besteht überwiegend aus Schichten des Mittleren Keupers, die nahezu flächendeckend von quartären Deckschichten unterschiedlicher Mächtigkeit überlagert werden.
Im Remstal sowie an den Hängen beiderseits davon besteht der tiefere Untergrund überwiegend aus der Grabfeld-Formation. In der Talmitte wurde sie zwischen der Rems und der Bahnlinie bis auf die darunter folgende Erfurt-Formation des Unteren Keupers ausgeräumt.
Schorndorf: Hydrogeologische Karte (HK-BW)
Erkundungsmaßnahmen
Zur Erkundung der Schadensursache wurden folgende Untersuchungen durchgeführt:
- Die Gesteinsproben einer der Erdwärmesondenbohrungen aus dem Jahr 2008 wurden vom LGRB detailliert analysiert und geologisch beschrieben.
- In mehreren Erdwärmesondenschläuchen wurden Temperaturprofilmessungen durchgeführt.
Die Ergebnisse der Untersuchungen zeigten:
- die 115 Meter tiefe Bohrung hat eine etwa 50 m tiefe Doline durchteuft, die mit natürlichem Nachfall, unter anderem aus Keupergesteinen, verfüllt ist. Darunter folgt bis zur Endteufe Oberer Muschelkalk.
- Im Bereich der Dolinenfüllung von 25 m bis 45 m u. GOK fehlt in den Erdwärmesondenbohrungen eine intakte Zementation des Ringraums.
- Es sind drei ursprünglich hydraulisch voneinander getrennte grundwasserführende Einheiten vorhanden
- Der Druckspiegel des Talgrundwasserleiters liegt über dem Druckspiegel des Grundwassers im Oberen Muschelkalk.
- Grundwasserstandsmessungen in benachbarten Messstellen zeigten, dass die Grundwasserstände in der Erfurt-Formation (kuE) und in der Grabfeld-Formation (kmGr) stark gefallen sind. Der Grundwasserstand einer Grundwassermessstelle im Muschelkalk hingegen ist deutlich über den höchsten bis dahin gemessenen Grundwasserstand gestiegen.
- Aufgrund der natürlichen Druckunterschiede ist davon auszugehen, dass über den nicht bzw. unvollständig hinterfüllten Ringraum der Erdwärmesondenbohrungen Grundwasser aus der Grabfeld-Formation in den darunter liegenden Aquifer des Oberen Muschelkalks abfließt.
- Die dadurch bedingte Grundwasserabsenkung in der Grabfeld-Formation wirkt sich auf das Talgrundwasser aus. Es kann am Talhang in die Grabfeld-Formation übertreten und weiter über die undichte EWS in den Oberen Muschelkalk gelangen.
- Als Folge dieser vertikalen Grundwasserübertritte läuft das Obere GW-Stockwerk leer.
- Mit den vertikalen Grundwasserübertritten in tiefer liegende Grundwasserleiter geht eine Aufweitung (Auskolkung) der Bohrlöcher einher. Möglicherweise setzt sich dieser Vorgang weiter fort.
- Der Chemismus der Grundwässer ist verändert.
Die weiträumige Entwässerung des oberen Talgrundwasserleiters und des mittleren Grundwasserleiters in der Grabfeld-Formation führen zur Setzung des Untergrunds und in deren Folge zu den beobachteten Setzungsrissen in der benachbarten Bebauung.
Maßnahmen zum Stoppen der Setzungsvorgänge
Um die Setzungsvorgänge zu stoppen, musste die natürliche hydraulische Trennung zwischen den Grundwasserleitern der Grabfeld-Formation und des Oberen Muschelkalks dauerhaft wieder hergestellt werden. Hierzu waren technische Maßnahmen erforderlich, die an die spezielle hydrogeologische Situation und den angetroffenen fehlerhaften Ausbauzustand der EWS-Bohrungen anzupassen waren.
Beim Versuch, die Erdwärmesonden zu überbohren, wurde festgestellt, dass in den EWS-Bohrungen nur bis ca. 3 m Tiefe eine Ringraumhinterfüllung vorhanden war. Darunter waren die Bohrlöcher der Erdwärmesondenbohrungen weitgehend frei befahrbar. Aufgrund des Nachweises, dass die Bohrlöcher über den langen Abschnitt von der Grabfeld-Formation über die Erfurt-Formation bis in den Oberen Muschelkalk nicht fachgerecht verfüllt worden waren und die EWS-Schläuche locker in den Bohrlöchern hingen, wurden in die EWS-Schläuche eingesandete Stahlseile eingebaut. Dadurch gelang es mit dem Bohrgerät, die Stahlseile zusammen mit den EWS-Schläuchen nahezu vollständig aus den Bohrlöchern herauszuziehen. Nur im Oberen Muschelkalk blieben kurze Reste zurück. Anschließend wurden die Bohrlöcher fachgerecht verfüllt.
Durch die erfolgreiche Sanierung konnte die ursprüngliche Stockwerkstrennung wieder hergestellt werden. Dies führte dazu,
- dass es zu keinen weiteren Geländesetzungen mehr kam,
- der Grundwasserstand in der Grundwasserwärmepumpenanlage wieder anstieg,
- die trocken gefallene Rainbrunnenquelle wieder ihre ursprüngliche Schüttung erreichte und
- das Feuchtbiotop sich wieder einstellte.