Gesteinsbeschreibung
Der Granodiorit des Weschnitz-Plutons ist der größte Intrusivkörper im Odenwald. Sein Hauptverbreitungsgebiet liegt im Bereich des Weschnitztals im hessischen Odenwald. In Baden-Württemberg ist der Pluton nur an seinem Westrand und in einem eigenständigen Vorkommen südlich von Ritschweier aufgeschlossen. Insgesamt nimmt der Weschnitz-Pluton in Baden-Württemberg eine Fläche von 11 km2 ein. Bekannt ist der Granodiorit auch unter den Handelsnamen „Granit Bergstraße“, „Grauer Odenwäldergranit“, „Granit Niederliebersbach“ oder „Granit Sonderbach“, die sich auf seine Lage im Bergsträßer Odenwald bzw. an der Gewinnungsstelle Sonderbach westlich von Heppenheim in Hessen beziehen. Scheuvens (2008) beschreibt die gleichen Gesteine als Typ „Lindenfels“. Die Granodiorite im eigenständigen Vorkommen südlich von Ritschweier sind unter dem Namen „Deutscher Reichsgranit“ bekannt. Den Namen gaben Steinbrucharbeiter im 19. Jahrhundert diesem Gestein wegen seiner schwarz-weiß-roten Sprenkelung, die den Farben der damaligen Flagge entsprach. Die rote Farbe des mittel- bis grobkörnigen „Reichsgranits“ geht auf feinverteilten Hämatit im Quarz zurück.
Die Granodiorite des Weschnitz-Plutons sind meist mittelkörnig, z. T. auch grobkörnig ausgebildet und hell- bis dunkelgrau bzw. schwarz-weiß-rot gesprenkelt. Die Hauptgemengteile bestehen nach LGRB (2012a) durchschnittlich aus (in Vol.‑%):
Mineralbestand |
Quarz |
||||
Granodiorit des Weschnitz-Plutons |
41 |
21 |
21 |
10 |
8 |
Durch die meist gleichkörnige Ausbildung des Gesteins, d. h. die regelmäßige Verzahnung der einzelnen Minerale, ist es sehr hart und zäh. Die durchschnittliche Korngröße liegt bei 2–6 mm. Einzelne Feldspäte sind z. T. auch deutlich größer. Die Hornblende ist länglich-stängelig entwickelt und 4–6 mm lang, Biotit ist blättrig und 2–3 mm groß. Der hellgraue Quarz sitzt in Zwickeln. Grünschwarze Hornblende und Biotit sind für die schwarze Farbe, Feldspäte für die weißbeige Farbe und Hämatit im Quarz für die rote Farbe verantwortlich.
Auffällig ist, dass die Granodiorite des südlichen Odenwalds zahlreiche feinkörnige, dunkle Fremdgesteinseinschlüsse, sog. Xenolithe, enthalten. Es handelt sich hierbei um assimiliertes Diorit- und Biotitschiefermaterial, das aus einem aufgelösten Dioritzug, dem sog. Schollenagglomerat, stammt. Hierbei handelt es sich um fein- bis grobkörnige Hornblende-Diorite, die eine dunkel- bis mittelgraue Färbung besitzen und in der Karte mineralischer Rohstoffe 1 : 50 000 Blätter L 6516 Mannheim, L 6518 Heidelberg-Nord und L 6716 Speyer mit Anteilen von L 6316 Worms und L 6318 Erbach (LGRB, 2012a) näher beschrieben werden.
Tabelle: Durchschnittliche Chemische Zusammensetzung des Granodiorits des Weschnitz-Plutons (Angaben in M.‑%) ermittelt an repräsentativen Mischproben nach Kleinschnitz (1992), LGRB (2012a) und Eigenfeld (1963)
Chemische Zusammensetzung |
SiO2 |
TiO2 |
Al2O3 |
Fe2O3 |
MnO |
MgO |
CaO |
Na2O |
K2O |
Granodiorit des Weschnitz-Plutons |
64,5 |
0,6 |
15,5 |
4,3 |
0,6 |
4,1 |
3,5 |
3,7 |
3,6 |
Technische Eigenschaften
Die aufgeschlossenen Mächtigkeiten in den aufgelassenen Steinbrüchen des Granodiorits schwanken zwischen 17 und 60 m. Nach LGRB (2012a) liegen die nutzbaren Mächtigkeiten des Granodiorits in den wirtschaftlich interessanten Vorkommen der Karte mineralischer Rohstoffe 1 : 50 000 Blätter L 6516 Mannheim, L 6518 Heidelberg-Nord und L 6716 Speyer mit Anteilen von L 6316 Worms und L 6318 Erbach zwischen 60 und 160 m, je nach Lage des Talniveaus bzw. der Grenze zu einer nicht nutzbaren markanten Gesteinsformation. Das Kluftsystem der Granodiorite ist zumeist orthogonal ausgebildet. Es wurden folgende Hauptkluftrichtungen während der Kartierarbeiten festgestellt: NW–SO, NO–SW, NNO–SSW, NNW–SSO, ONO–WSW, OSO–WNW, O–W und N–S. Neben saiger einfallenden Trennflächen kommen auch Klüfte mit 50–70° Einfallen vor. Die Kluftabstände in den untersuchten aufgelassenen Steinbrüchen sind mit 1–6 m weitständig ausgebildet, wobei nördlich von Weinheim die Kluftabstände, trotz der Nähe zum Oberrheingrabenrand, größer sind als im Granodiorit südlich von Ritschweier. Wie im Heidelberg-Granit nimmt hier die Zerklüftung von Westen nach Osten ab. Aufgrund der o. g. Kluftabstände lassen sich Rohblöcke mit mehreren Kubikmetern Volumen gewinnen. Die Verwitterung der Granodiorite führte zur flächenhaften Vergrusung der Gesteine und Bildung von Felsenmeeren, deren „Findlinge“ als Naturwerksteine häufig genutzt wurden. Da im baden-württembergischen Teil des Weschnitz-Plutons kein Gesteinsabbau mehr stattfindet, liegen keine Prüfzeugnisse für den Granodiorit vor. Jedoch geben Lukas (1990b) und die Internationale Naturwerksteinkartei (INSK, Müller, 1984ff) für den Granodiorit im hessischen Sonderbach folgende gesteinsphysikalischen Daten an:
Technische Eigenschaften |
Firmenangaben |
2,72–2,78 g/cm3 |
|
2,72–2,74 g/cm3 |
|
0,46 Vol.‑% |
|
Wasseraufnahme unter Atmosphärendruck |
0,13 M.‑% |
Wasseraufnahme unter Vakuum |
0,17 M.‑% |
Sättigungsgrad/s‑Wert |
0,74 |
Beständigkeit |
Gegen Frost und Aggressorien beständig |
Verwendung und Gewinnung
Analog zum Heidelberg-Granit wurden die Granodiorite des Weschnitz-Plutons vor Mitte des 19. Jahrhunderts nur als grob gespaltene Blöcke für Mauern, Sockelfundamente von landwirtschaftlichen Nebengebäuden und gelegentlich für Türme genutzt, wie am Waldnerturm bei Hemsbach zu erkennen ist. Erst die italienischen Saisonarbeiter, die von Steinbruchunternehmern nach 1850 angeworben wurden, brachten das Wissen zur Bearbeitung der Granodiorite mit. Es begann der Abbau in größeren Steinbrüchen und die Blöcke der Felsenmeere wurden verstärkt verarbeitet. Während der Zeit des Kaiserreichs war der Granodiorit aufgrund der schwarz-weiß-roten Färbung sehr begehrt; daher die Bezeichnung „Deutscher Reichsgranit“. Das Material wurde für Fundamente und Mauerwerke, verwendet, wie z. B. beim Rathaus in Oberflockenbach sowie beim Schulhaus in Ober-Laudenbach (Schmitt, 2005). Ein weiteres Beispiel ist der 1936 erbaute Kirchturm der evangelischen Kirche in Oberflockenbach, der aus Granodiorit-Mauersteinen errichtet wurde. Weiterhin wurde der Granodiorit in den 1930er Jahren als Randstein nach Mannheim, Wiesbaden und Frankfurt geliefert (Schmitt, 2005). Oberflockenbach war von den 1870er Jahren bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges für den Abbau des „Deutschen Reichsgranits“ bekannt. Der Granodiorit wurde aber nicht nur für Mauersteine, Türschwellen, Treppenstufen und Gesimse genutzt, wie das Taufbecken im hessischen Kirchhausen zeigt (Scheuvens, 2008). Heute ist in Baden-Württemberg keine Abbaustelle im Granodiorit des Weschnitz-Plutons mehr in Betrieb. Die Arbeiten wurden im Verlauf der 1970/80er Jahre eingestellt.
Der einzige größere noch betriebene Steinbruch im Granodiorit liegt im hessischen Heppenheim-Sonderbach und wird von der Fa. Röhrig betrieben (Stand 2021) . Neben hochqualifizierten Verkehrswegebaumaterialien werden hier auch Naturwerksteine für den Garten- und Landschaftsbau sowie Pflastersteine produziert. Pflastersteine aus Granodiorit wurden in neuerer Zeit z. B. am Münsterplatz in Bonn, am Schlossplatz in Wiesbaden und am Luisenplatz in Darmstadt verwendet (Scheuvens, 2008).
Potenzial
Aufgrund der zumeist gleichkörnigen Ausbildung des Granodiorits des Weschnitz-Plutons und der regelmäßigen Verzahnung der Minerale ist das Gestein hart und zäh, was auf hohe Druckfestigkeiten schließen lässt. Hohe nutzbare Mächtigkeiten zwischen 60 und 160 m sowie die stellenweise weitständigen Kluftabstände lassen eine Gewinnung von naturwerksteintauglichen Rohblöcken zu. Die kleinen und mittleren Steinbrüche in der Region, insbesondere nördlich von Weinheim, lassen auf eine ehemalige rege Abbautätigkeit schließen. Daher wird dem Granodiorit des Weschnitz-Plutons ein mittleres bis hohes Nutzungspotenzial als Werkstein zugewiesen. Weitere Informationen zu den wirtschaftlich interessanten Bereichen für einen Gesteinsabbau finden sich in der Karte mineralischer Rohstoffe und den zugehörigen Erläuterungen 1 : 50 000 Blätter L 6516 Mannheim, L 6518 Heidelberg-Nord und L 6716 Speyer mit Anteilen von L 6316 Worms und L 6318 Erbach (LGRB, 2012a).
Weiterführende Links zum Thema
Literatur
- (1963). Assimilations- und Differentiationserscheinungen im kristallinen Grundgebirge des Odenwaldes. – Jahreshefte des Geologischen Landesamtes Baden-Württemberg, 6, S. 137–238, 9 Taf.
- (1992a). Beziehungen im variszischen Grundgebirge des südwestlichen Bergsträsser Odenwaldes. – Diplomarbeit Univ. Heidelberg, 95 S., 1 Kt., Heidelberg. [42 Abb., 15 Tab., unveröff.]
- (2012a). Blatt L 6516 Mannheim, L 6518 Heidelberg-Nord und L 6716 Speyer, mit Erläuterungen. – Karte der mineralischen Rohstoffe von Baden-Württemberg 1 : 50 000, 167 S., 32 Abb., 7 Tab., 1 Kt., Freiburg i. Br. (Landesamt für Geologie, Rohstoffe und Bergbau). [Bearbeiter: Kleinschnitz, M., m. Beitr. v. Werner, W.]
- (1990b). Geologie und Naturwerksteine Baden-Württembergs. – Grimm, W.-D. (Hrsg.). Bildatlas wichtiger Denkmalgesteine der Bundesrepublik Deutschland, S. 147–162, 2 Taf., München (Arbeitsheft Bayr. Landesamt Denkmalpflege, 50). [2 Abb.]
- (1984ff). INSK – Internationale Naturstein-Kartei. 1ff S., Ulm (Ebner). [10 Bände, Loseblattsammlung]
- (2008). Gesteine, Steinbrüche und Werksteine des hessischen Odenwaldes. – IFS-Bericht, 29-2008, 112 S., 3 Taf., 1 Kt., Mainz (Institut für Steinkonservierung e.V.). [26 Abb.]
- (2005). Heimatbuch Oberflockenbach. 521 S., Oberflockenbach (Ortschaftsrat).