Übersicht
Im Oberen Muschelkalk der Hohenloher Ebene treten in den Künzelsau-Schichten mehrere unterschiedlich mächtige Abschnitte und Bänke mit Schillkalksteinen auf. Aufgrund ihrer rauen und körnigen, z. T. porösen Gesteinsoberfläche bezeichnete sie Wagner (1913) als „Kornsteine“. Diese Schillkalksteine sind hochwertige Werksteine, auf die früher ein reger Abbau umging, vorrangig für den örtlichen Bedarf als Bau- und Pflasterstein. Vom Hangenden zum Liegenden sind folgende markante Abschnitte und Bänke zu nennen:
- Obere Terebratelbank
- Hauptterebratelbank
- Bank der kleinen Terebrateln („Oberer Kornstein“)
- „Unterer Kornstein“ = Schillkalkstein am Top der Region der Schalentrümmerbänke
- Region der Oolithbänke
Im seit den 1930er Jahren bestehenden Steinbruch Lobenhausen (RG 6826‑9) wurden bis 1990 ca. 1,5 m mächtige Schillkalksteine im Abschnitt der Bank der kleinen Terebrateln genutzt. Der Abbaubetrieb ist seit 2004 stillgelegt. In der ebenfalls seit den 1930er Jahren bestehenden aber seit 1989 stillgelegten Abbaustelle Bölgental (RG 6826‑8) orientierte sich der Abbau an der vorgegebenen früheren Anlage des Steinbruchs, so dass nur der ca. 0,6 m mächtige „Untere Kornstein“ abgebaut wurde. Die dort über dem Tonhorizont 6 folgende Serie, insbesondere der Abschnitt der Bank der kleinen Terebrateln, enthält augenscheinlich in größerem Umfang werksteinfähige Bänke. Im Schotterwerk Kirchberg (RG 6725‑1, Stand 2021) werden nach dem Sprengen aus dem Haufwerk als Werkstein geeignete Schillkalksteinblöcke („Kornsteine“) herausgesucht, die aus unterschiedlichen Niveaus stammen.
Geologische Entstehung
Die Entstehung dieser Schillkalksteine gleicht derjenigen des Crailsheimer Muschelkalks. Die Künzelsau-Schichten wurden im oberen, regressiven Teil der zweiten Muschelkalk-Sequenz abgelagert. Der Raum Künzelsau–Schwäbisch Hall–Kirchberg–Crailsheim gelangte damals bei fallendem Meeresspiegel zunehmend in den Bereich der höheren Karbonatrampe, die sich kontinuierlich nach Westen gegen das Beckeninnere vorbaute (Vollrath, 1955a; Hagdorn, 1982b; Aigner, 1985).
Gesteinsbeschreibung
Die in Kirchberg und ehemals in Bölgental und Lobenhausen als Werkstein genutzten Kalksteine sind graue bis gelbgraue, dichte bis teilweise leicht poröse (herausgelöste Schalenreste) Schalentrümmerkalksteine. Die Schalenbruchstücke stammen überwiegend von Muscheln und Brachiopoden. Neben den vorherrschenden biogenen Komponenten (ca. 98 %) kommen akzessorisch Kalkschlammgerölle, Ooide und Peloide vor. Die Komponenten sind dicht gepackt und häufig über Punkt- und Langkontakte verbunden; das Gefüge ist daher vorwiegend komponentengestützt. Der Raum zwischen den Komponenten ist mit Kalkschlamm verfüllt.
Gesteinstechnische Daten
Technische Eigenschaften nach Prüfzeugnissen der Fa. Schön + Hippelein:
Technische Eigenschaften |
Kirchberger Muschelkalk 1) |
Bölgentaler Muschelkalk („Unterer Kornstein“) |
2,23–2,25 g/cm3, Mittelwert 2,24 g/cm3 |
2,41 g/cm3 |
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Mittelwert 2,6 g/cm3 |
2,6 g/cm3 |
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Gesamtporosität |
Mittelwert 10,0 Vol.‑% |
7,3 Vol.‑% |
Wasseraufnahme unter Atmosphärendruck |
2,71–3,02 M.‑%, Mittelwert 2,81 M.‑% |
2,1–3,2 M.‑%, Mittelwert 2,8 M.‑% |
29,3–32,8 MPa, Mittelwert 31,0 MPa |
38,2–63,6 MPa, Mittelwert 48 MPa |
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5,4–7,0 MPa, Mittelwert 6,2 MPa |
1,3–7,5 MPa, Mittelwert 5,6 MPa |
1) vornehmlich Bank der kleinen Terebrateln und „Kornstein“
Die Verwitterungsbeständigkeit ist im Allgemeinen gut; die Gesteinsoberfläche wird jedoch angelöst, wodurch es zum Verlust der Politur, zur Ausbleichung und zum Mikrokarst kommen kann; die Schalentrümmer werden dabei herauspräpariert. Die Kalksteine sind weitgehend frostbeständig.
Gewinnung und Verarbeitung
Im Steinbruch Kirchberg werden die Kalksteine des Oberen Hauptmuschelkalks in großer Menge zur Herstellung gebrochener Körnungen für den Verkehrswegebau und für den Hoch- und Tiefbau abgebaut. Die in verschiedenen Niveaus auftretenden dickbankigen Schillkalksteine werden nicht getrennt gewonnen, sondern für die Werksteinverarbeitung geeignete Blöcke werden nach dem Sprengen aus dem Haufwerk herausgesucht und gelagert. Die „Sandwichposition“ dieser weitständig geklüfteten Kalksteine zwischen tonigeren Gesteinen im Liegenden und Hangenden und die damit beim Sprengen verbundene Pufferung der Druckwelle begünstigen die Erhaltung großer Blöcke.
Im stillgelegten Steinbruch Bölgental streicht der Untere Kornstein in der 420 m ü. NHN Sohle aus. Er wurde im Zeitraum 1997–2000 für den Auftrag für das Detlev-Rohwedder-Haus in Berlin (Bundesministerium für Finanzen) abgebaut. Die Blöcke wurden teils durch Reißen mit dem Radlader, teils auch durch randlich perforierendes Bohren und drückendes Sprengen mit Schwarzpulver gewonnen. Für diesen Auftrag wurden 2500 m3 Massivteile und 25 000 m2 Fensterbänke, Gewände und Stürze geliefert. Nach Aussage der Fa. Schön + Hippelein wird der Bölgentaler Kalkstein als eine spezielle Varietät des Crailsheimer Muschelkalks auf dem Markt vertrieben.
Die Gewinnung von Werksteinblöcken im Steinbruch Lobenhausen erfolgte analog zum Steinbruch Bölgental teils mit dem Radlader, teils durch sanftes Schwarzpulversprengen.
Die Verarbeitung der Kalksteine aus diesen drei Steinbrüchen erfolgte im Natursteinwerk der Fa. Schön + Hippelein in Satteldorf.
Verwendungsbeispiele
In der Referenzliste der Fa. Schön + Hippelein sind für den Muschelkalk folgende wichtige Bauwerke genannt:
Kirchberger Muschelkalk:
- Ludwig-Maximilian-Universität, München (2003)
- Bürogebäude Ernst-Reuter-Platz 10, Berlin (2005)
- Staatliche Museen zu Berlin Umbau Stülerbau
- Ägyptisches Museum, Berlin (2007)
- Rathaus Neukölln, Berlin (2007)
- Stadthalle, Kirchberg/Jagst (2009)
Bölgentaler Muschelkalk:
- Detlev-Rohwedder-Haus, Berlin (1997)
- Würth-Repräsentanz, Bad Mergentheim (2006)
Weiterführende Links zum Thema
Literatur
- (1985). Storm depositional systems. Dynamic stratigraphy in modern and ancient shallowmarine sequences. – Lecture Notes in Earth System Sciences, 3, S. I–VII + 1–174. [83 Abb.]
- (1982b). The „Bank der kleinen Terebrateln“ (Upper Muschelkalk, Triassic) near Schwäbisch Hall (SW-Germany) – a tempestite condensation horizon. – Einsele, G. & Seilacher, A. (Hrsg.). Cyclic and event stratfication, S. 263–285, Berlin, Heidelberg, New York (Springer).
- (1955a). Stratigraphie des Hauptmuschelkalks in Württemberg. – Jahreshefte des Geologischen Landesamtes Baden-Württemberg, 1, S. 79–168. [15 Abb., 1 Tab.]
- (1913). Beiträge zur Stratigraphie und Bildungsgeschichte des oberen Hauptmuschelkalks und der Lettenkohle in Franken. – Geologische und Paläontologische Abhandlungen, N. F. 12, S. 1–180, 9 Taf. [31 Abb.]