Übersicht, Bezeichnung und Verbreitung
Übersicht: Von der Errichtung der Castelle des obergermanisch-raetischen Limes im 1. Jh. nach Chr. bis an die Wende vom 19. zum 20. Jh. war der in Baden-Württemberg weit verbreitete Lettenkeuper-Sandstein, auch als Hauptsandstein des Unterkeupers (heute: Erfurt-Formation) bezeichnet, ein viel verwendeter und geschätzter Naturwerkstein. Dieser Sandstein wird heute (Stand: 2021) nur noch in zwei Steinbrüchen in geringem Umfang abgebaut, nämlich in Neuenstein (RG 6723-2) und in Freudenbach bei Creglingen (RG 6526-1). Er tritt vorwiegend in graugelblichen bis graugrünen, z. T. aber auch in rötlichen bis rotbraunen Farben auf („Blutsandstein“; Engel, 1908; LGRB, 2003a). Aufgrund seines gleichmäßigen Korns und des vorwiegend tonig-ferritischen Bindemittels ist der nach dem Abbau relativ weiche Feinsandstein sehr gut zu bearbeiten. Er war daher sowohl ein häufig verwendeter Baustein als auch ein geschätzter Bildhauerstein. In seiner Bedeutung stand er in manchen Gegenden dem Schilfsandstein nicht nach; dessen gelblicher Variante ist er von der Farbe und dem feinen Korn her teilweise zum Verwechseln ähnlich. Analog zur Werksandsteinfazies des Schilfsandsteins wurde der Lettenkeuper-Sandstein in Flussrinnen eines großen Deltasystems abgelagert (s. Abschnitt: Geologische Entstehung).
Bekannte Bauten aus dem Hauptsandstein des Lettenkeupers sind z. B. die Comburg bei Schwäbisch Hall, die Michaelskirche in Schwäbisch Hall, das Schloss Neuenstein und das Neue Schloss in Stuttgart. Aufgrund der weiten regionalen Verfügbarkeit und leichten Bearbeitbarkeit wurde der Hauptsandstein auch viel im Hausbau eingesetzt. Neben vollständig oder überwiegend aus Lettenkeuper-Sandstein errichteten Gebäuden und Mauern wurde er im Verbreitungsgebiet des Oberen Muschelkalks bei Gebäuden, die aus Kornsteinen oder Quaderkalksteinen errichtet wurden, gerne für Tür- und Fenstergewänder eingesetzt. Der gut zu bearbeitende, fein- und gleichkörnige Sandstein erlaubt filigrane bildhauerische Bearbeitung, weshalb er auch oft für Halb- und Vollplastiken, Reliefs und Grabmale verwendet wurde und noch wird. Vermutlich bestanden im Verbreitungsgebiet des Hauptsandsteins einige Hundert Steinbrüche, die vorwiegend den örtlichen Bedarf an Bausteinen deckten.
Die Verwitterungsbeständigkeit des Hauptsandsteins ist allerdings i. d. R. mäßig, vor allem bei starker Durchfeuchtung (Schmidt, 1914; Lukas, 1990a, 1990b). Mit dem Aufkommen der Eisenbahn trat der Lettenkeuper-Sandstein mit den anderen, weniger verwitterungsanfälligen Werk- und Bausteinen, insbesondere dem Schilfsandstein und den Krensheimer und Kirchheimer Quaderkalksteinen, in Konkurrenz. Besonders als Ende des 19. Jh. die Technik zur Gewinnung der härteren Kalksteine des Oberen Muschelkalks zur Verfügung stand und diese in größeren Mengen gewonnen wurden, ging die Nachfrage nach Hauptsandstein rasch zurück.
Bezeichnung: Nitsch (2005h) gibt eine ausführliche Darstellung zur Entstehung und Entwicklung der Begriffe „Lettenkohle“ und „Lettenkeuper“: Die ursprüngliche Bezeichnung „Lettenkohle“, welche die frühere wirtschaftliche Bedeutung als Kohlelieferant widerspiegelt, geht auf Voigt (1800) zurück, der Bergrat im Herzogtum Sachsen-Weimar war. Er beschrieb damit den hohen Tonanteil („Letten“) dieser Kohle. Seitdem wurde dieser Begriff für tonige Kohlen in der Keuper-Gruppe verwendet. Er erfuhr eine zusätzliche stratigraphische Bedeutung, als Alberti (1834) den untersten Teil des Keupers als „Lettenkohlengruppe“ bezeichnete. Im 19. und im frühen 20. Jh. wurde der Unterkeuper mit wechselnden Namen versehen: „Lettenkohle“, „Lettenkohlenkeuper“ und „Kohlenkeuper“; der Begriff „Keuper“ stammt aus dem Fränkischen, wo er für bröckelig zerfallende Tonsteine verwendet wurde. Im 20. Jh. wurden diese Begriffe durch die Bezeichnung „Lettenkeuper“ verdrängt (Frank, 1931). Dieser eingebürgerte Begriff ist eine Tautologie (Emmert, 1994), da sich beide Bestandteile auf Tongesteine beziehen, „wenn auch einmal in lehmig-schmierigem Zustand (Letten) und einmal auf ihren trockenen bröseligen Schutt (Keuper)“ (Nitsch, 2005h, S. 184).
Die Werksandsteingewinnung erfolgt ausschließlich aus dem Hauptsandstein. Dieser stratigraphische Begriff kennzeichnet einerseits die prominente Ausbildung und Werksteinnutzung der Rinnensandsteine. Andererseits kommt damit zum Ausdruck, dass es daneben im Lettenkeuper noch weitere, allerdings geringmächtige und nicht als Werkstein nutzbare, örtlich entwickelte Rinnensandsteine gibt, nämlich im Unteren Lettenkeuper die Hauptquarzitschieferplatten in den Estherienschichten und den Pflanzenschiefer-Sandstein im Niveau der Sandigen Pflanzenschiefer und im Oberen Lettenkeuper den Anoplophorasandstein und den Lingulasandstein. Stellenweise, wie bei Bad Wimpfen, haben sich allerdings Rinnen des Pflanzenschiefer-Sandsteins bis unter den Albertibank-Horizont eingeschnitten, wodurch diese mit dem eigentlichen Hauptsandstein zu einem mehr als 15 m mächtigen „vereinigten“ Hauptsandstein verschmolzen sein können (Geyer et al., 2011).
Verbreitung: Die nutzbaren Werksteinvorkommen des Lettenkeuper-Sandsteins liegen im Ausstrich des Unterkeupers. Diese Werksteinfazies reicht vom Tauberland bei Creglingen und Weikersheim über die Hohenloher-Haller-Ebene im Gebiet Rieden-Bibersfeld, die Kocher-Jagst-Ebene, Strom- und Heuchelberg, den Kraichgau, die Neckar- und Tauber-Gäuplatten und die Oberen Gäue mit den bekannten Hochdorfer Steinbrüchen südlich von Nagold bis auf die Baar, wo noch Steinbrüche bei Sulz a. N. betrieben wurden. Südlich von Rottweil keilt der Hauptsandstein aus (Schmidt, 1912).
Engel (1908, S. 126, 130 f) gibt für das o. g. Verbreitungsgebiet zahlreiche damals bedeutende Abbaustandorte und Abbaugebiete an. Diese Aufstellung ist von historischem Wert, da viele der alten Steinbrüche heute stark verfallen oder verfüllt sind. Sie wird daher hier in etwas gekürzter Form, trotz einiger Wiederholungen bei der Standortnennung, wiedergegeben:
„In der Sulz-Horber Gegend (Siegmarswangen, Wachendorf, Bildechingen) beginnend schwillt dieser Werkstein gegen Rottenburg hin mehr und mehr an und zeigt hier sein am meisten typisches Gepräge in den Brüchen von Seebronn. Im ganzen Gäu (Bondorf–Böblingen) bildet er das Baumaterial, in der Leonberger Gegend sind die mittleren Schichten der Lettenkohle vorzugsweise entwickelt, aber auch der Sandstein schwillt lokal oft mächtig an. Im Strohgäu und auf dem Langenfeld bei Ludwigsburg, … sind insbesondere die Werksteinbrüche von Kornwestheim, Zuffenhausen, Hemmingen, Schöckingen, Hirschlanden und andere hochgeschätzt; die ganze dortige Ebene ist überhaupt eines der bezeichnendsten Lettenkohlengebiete. Im O.‑A. Besigheim (O.‑A. = Oberamt; Anm. d. Verf.) und Vaihingen sind diese Schichten nicht minder schön aufgeschlossen, wie davon die Steinbrüche von Ingersheim, Wahlheim, Glattbach, Löchgau, Sachsenheim, Mundelsheim, Sersheim, Kaltenwesten (Neckarwestheim; Anm. d. Verf.) und andere Zeugnis geben. Aus dem Neckartal und dem unteren Remstal sind Poppenweiler, Hochberg, Hochdorf und Neckarrems, aus dem der Murr namentlich Steinheim (a. M.), aus dem Oberamt Backnang Zell, Steinbach und Ilshofen zu nennen. Einen wahren Mittelpunkt für Lettenkohle aber bildet wieder die Hall-Gaildorfer Gegend, beginnend mit den berühmten Brüchen von Neuenstein, die ihr vorzügliches Material nicht bloß bis Stuttgart, sondern in die entferntesten Teile des Landes entsenden, dann ihre höchste Entwicklung erreichend im Gebiet von Kocher und Bühler, und endlich sich bis in den Taubergrund hinabziehend, so zwar, dass zwischen Öhringen und Rothenburg o. T. mit Blaufelden in der Mitte ein großes und jedenfalls das größte Lettenkohlenplateau des Landes sich ausdehnt, ….“
„… in den folgenden (Fundstellen) tritt er uns als mächtig entwickelter Werkstein entgegen:
Die südlichste Gegend, wo sich abgebauter Werkstein findet, liegt bei Sulz (am Goldbrunnen bei Vöhringen und Siegmarswangen), dann folgen zu beiden Seiten des Neckars Wachendorf, Hemmingen, Bildechingen, dann die zahlreichen Steinbrüche im oberen Gäu, unter denen die wichtigsten bei Hochdorf, Nebringen, Altingen (Forstäcker) und Hailfingen (an der Strasse nach Reusten) liegen, namentlich aber bei Seebronn (Anm. d. Verf.: Aufnahme des Abbaus in Seebronn um 1812–1815).
Die zahlreichen Fundstellen im Strohgäu und im Enzgebiet sind z. T. oben schon genannt. Es handelt sich hier nur um einige, kaum 1 km breite Streifen, in denen der Sandstein mächtig entwickelt ist. …
Am unteren Neckar sind es, ausser den Steinbrüchen der Besigheimer Gegend, nur wenige, die auf württembergischem Boden liegen (z. B. Fürfeld), weil hier die untere Lettenkohle meist in ihrer mergelig-dolomitischen Fazies ausgebildet ist. Dagegen erreicht der Sandstein in den benachbarten badischen Orten Siegelsbach, Untergimpern und Kälbertshausen, namentlich aber bei Grombach und Sinsheim eine bedeutende Mächtigkeit.
Im Gebiet der unteren Jagst wären hervorzuheben die Steinbrüche bei Bachenau (O.-A. Neckarsulm), wo der Sandstein als geschlossenes Lager von 15 m Mächtigkeit erscheint, diejenigen von der Müsigmühle bei Tiefenbach mit 10 m brauchbarem Werkstein, sowie die grossen Brüche von Roigheim (O.-A. Neckarsulm) im sog. Hemrichsholz, die früher viel Baumaterial nach Stuttgart geliefert haben. Auch die Höhen des Storchenwaldes (rechtes Jagstufer zwischen Bieringen und Berlichingen) sind mit trefflichen Sandsteinlagern bedeckt, die im 18. Jahrhundert das Material zum Bau des Klosters und der Kirche zu Schöntal abgaben. …
Ganz besonders hervorzuheben sind die Werksteinbrüche von Bibersfeld bei Hall. … In der Tat sind wohl die Sandsteinbrüche von Bibersfeld und Rieden, und die von Steinbach … die grössten und interessantesten des Landes. Bei Steinbach ist eine mächtige Dampfsäge tätig, um den Stein in Platten zu zerspalten. …
Auch in der Hohenloher Ebene konnte E. Fraas die Verbreitung des Lettenkohlensandsteins in langgezogenen Flutzonen nachweisen. Am Eichhof bei Neuenstein fallen im Hangenden des Sandsteins blaue, grüne und rote Tonschichten auf, die sonst der schwäbischen Lettenkohle fremd sind. Ein isoliertes Vorkommen ist das vom Fallteich bei Beuerlbach nördlich Crailsheim; leider fehlen auch hier die Gallen nicht, die der Brauchbarkeit des Materials ziemlich Eintrag tun.
Ein ganz eigentümliches Vorkommen ist dasjenige des sog. Blutsteins vom Eichelhof oberhalb Untermünkheim am Kocher. Das Material ist so eisenschüssig, dass es ganz das Ansehen des Wasseralfinger Erzes angenommen hat, und bildet hier, mehr als 10 m mächtig, einen trefflichen Baustein. Dieser Blutstein kommt übrigens auch bei Möhrig nächst Öhringen wieder vor, wenn auch nur 0,30 m mächtig; er scheint früher weit nach Norden gegangen zu sein, wie denn noch bei Freudenbach nördlich der Tauber mitten im Werkstein eine solche 7 m dicke blutrote Bank sich zeigt. An den beiden erstgenannten Lokalitäten scheint er dagegen den unteren Horizont des Sandsteins einzunehmen: wieder an anderen liegt er sogar im Hangenden des letzteren, ist also überall nur eine lokale Besonderheit, ….“
In der Rohstoffgewinnungsstellen-Datenbank des LGRB sind derzeit (Stand 2021) 83 ehemalige und zwei betriebene Steinbrüche im Lettenkeuper-Sandstein dokumentiert (s. Karte). Mit fortschreitender Bearbeitung der Karte der mineralischen Rohstoffe von Baden-Württemberg 1 : 50 000 (KMR50) in den oben genannten Naturräumen wird sich die Zahl wohl noch deutlich erhöhen, da viele alte Brüche seit langer Zeit verfüllt und daher heute kaum mehr identifizierbar sind.
Geologisches Alter, Entstehung
Alter: Der Unter- oder Lettenkeuper (ku) umfasst stratigraphisch die Erfurt-Formation. Sie wird in der internationalen Chronostratigraphie ins Ladinium (Mitteltrias) gestellt, welches das Intervall von 238 bis 231 Mio. Jahren umfasst. Die Erfurt-Formation beinhaltet den Abschnitt von 235 bis 232,5 Mio. Jahren. Wegen dieser recht kurzen Zeitspanne standen für die genannten Sandschüttungen jeweils nur einige 10 000 bis vielleicht maximal 100 000 Jahre zur Verfügung, um von Skandinavien bis in den süddeutschen Raum vorzudringen (Mitt. E. Nitsch).
Die Werksteinfazies wurde in Flussrinnen eines sich aus dem Baltikum und Skandinavien von Norden nach Süden vorbauenden großen Deltasystems abgelagert (Patzelt, 1964; Wurster, 1968). Diese feinkörnigen, gut sortierten Rinnensandsteine der sog. „Flutfazies“ schalten sich im mittleren Abschnitt des Unterkeupers in die vorwiegend tonig-dolomitische Gesteinsfolge ein. Wie beim Schilfsandstein ist eine Unterscheidung in Flut- und Normalfazies möglich. In Flutfazies sedimentierter, werksteinfähiger Hauptsandstein kann in die unterlagernden Gesteine bis zur Basis des Unterkeupers eingeschnitten sein (Brunner, 1973). Die Breite der genutzten Werksandsteinkörper schwankt in Baden-Württemberg nach den Daten der zahlreichen ehemaligen Werksteinbrüche von 100–150 m bis etwas über 1 km (Strohgäu und im Enzgebiet, Engel, 1908; Gebiet Rieden-Bibersfeld, LGRB, 2003a). Die absoluten Breiten der Flussrinnen mögen z. T. noch deutlich darüber hinausgehen. Daten liegen hierzu jedoch nicht vor, da der Abbau sich naturgemäß auf die mächtigen Sandsteine beschränkte.
Innerhalb der max. 10–15 m tiefen Rinnen schwankt die Bankmächtigkeit der Sandsteine kleinräumig; es können sich Schluff- und Tonsteine einschalten und/oder mit den Sandsteinen seitlich verzahnen. Die Rinnen zeigen nach oben eine Auffüllung mit einer Kornverfeinerung; über den Sandsteinen folgen schluffig-tonige Sandsteine sowie Schluff- und Tonsteine. In den verlandeten Rinnen entwickelte sich zur Zeit des Unterkeupers örtlich eine üppige, sumpfartige Vegetation. Die abgestorbenen Pflanzenreste wurden im Verlauf der Gesteinsverfestigung und ‑absenkung zu Kohle umgewandelt, auf die Ende des 18. Jh. und in der ersten Hälfte des 19. Jh. vielerorts Bergbau umging (Alberti, 1826, 1834; Voigt, 1802). Da die geringmächtigen Flöze jedoch schnell auskeilen, waren diese Versuche meist bald zum Scheitern verurteilt. „In der Tat hat man da und dort schon den Versuch gemacht, diese Bänke technisch als „Steinkohlen“ auszubeuten. In Mitteldeutschland z. B. gewann man am Anfang des vorigen Jahrhunderts über 3000 Tonnen Kohle in diesen Schichten (bei Naumburg), desgleichen versucht man es bei Gaildorf immer wieder, dieselbe praktisch zu verwerten, ebenso in der Donaueschinger Gegend bei Unadingen und Döggingen“ (Engel, 1908, S. 127).
Gesteinsbeschreibung, technische Eigenschaften und Verwendung
Gesteinsbeschreibung: Der heute (Stand 2021) noch in zwei Steinbrüchen in Neuenstein (= N) und Freudenbach (= F) im Abbau stehende Hauptsandstein des Lettenkeupers ist ein meist graugrüner und gelblicher, selten auch rötlicher, homogener, gut sortierter Feinsandstein. Die mittlere Korngröße beträgt 0,05 mm (N) bzw. 0,13 mm (F) (Lukas, 1990b, LGRB-Daten). Glimmer tritt fein verteilt auf, teilweise ist er auf den Schichtflächen angereichert. Das Bindemittel ist vorwiegend tonig-ferritisch, seltener karbonatisch oder kieselig; die Verteilung ist oft inhomogen. Die Hauptkomponenten sind Quarz (N: 52 %; F: 43 %), Gesteinsbruchstücke (N: 33 %; F: 36 %) und Feldspäte (N: 15 %, F: 21 %). Der Anteil an Muskovit, Hornblende, Turmalin, Rutil, Apatit und opaken Mineralkörnern liegt bei weniger als 1 %. Im Aufschluss sind teilweise trogförmige und planare Schrägschichtung (Megarippel) zu beobachten. Teilweise sind die Rippeln durch dünne Tonlagen voneinander getrennt.
Tabelle: Physikalisch-technische Kennwerte des Lettenkeuper-Sandsteins aus Baden-Württemberg; k. A.: keine Angabe
Lokalität |
Rohdichte (g/cm3) |
Reindichte (g/cm3) |
Porosität (Vol.‑%) |
Wasser-aufnahme (atm.) (M.‑%) |
Wasserauf-nahme (Vakuum) (M.‑%) |
Sätti-gungs-grad |
Druck-festigkeit (MPa) |
Freudenbach, Varietät gelb (Reyer, 1927) |
2,14 |
k. A. |
k. A. |
k. A. |
k. A. |
k. A. |
41 |
Freudenbach (RG 6526‑1, Varietät gelb, Lukas, 1990b; LGA Bayern, 1983) |
2,07–2,12
|
2,66 |
22,10 |
6,8–7,3 |
10,65 |
0,64 |
50–54 |
Freudenbach (RG 6526‑1, Varietät rot, Lukas, 1990b) |
2,13 |
2,86 |
20,73 |
6,83 |
9,75 |
0,70 |
k. A. |
Neuenstein (Frank, 1944) |
2,16 |
2,62 |
k. A. |
5,8–7,1 |
k. A. |
k. A. |
64,9–74,9 |
Neuenstein (Lukas, 1990b) |
2,06 |
2,66 |
22,65 |
7,20 |
11,03 |
0,66 |
k. A. |
Hochdorf (Reyer, 1927; Frank, 1944) |
2,16–2,23 |
k. A. |
k. A. |
k. A. |
k. A. |
k. A. |
26,5–29,4 |
Technische Gesteinsdaten: Die Tabelle (s. o.) zeigt, dass die untersuchten Varietäten des Lettenkeuper-Sandsteins überwiegend ähnliche gesteinsphysikalische Kennwerte haben. Bei der Druckfestigkeit zeigen sich allerdings merkliche Unterschiede. Für den Hochdorfer Sandstein werden die mit Abstand niedrigsten Werte angegeben; vermutlich kennzeichnen die Messergebnisse die Druckfestigkeit parallel zur Schichtung. Die Werte für die anderen Varietäten sind deutlich höher und wurden durch Belastung senkrecht zur Schichtung ermittelt. Mit Ausnahme des Prüfberichts der LGA Bayern aus dem Jahr 1983 zum Freudenbacher Sandstein aus dem Steinbruch der Fa. Vorherr (RG 6526‑1) liegen keine neueren Werte zur Druckfestigkeit vor.
Verwendung (nach: Lukas, 1990b; Ludwig, 1989; LGRB, 2003a; LGRB, 2005a): Die Liste der bekannten Profan- und Sakralbauten, für die der Hauptsandstein früher genutzt wurde, ist umfangreich. Illustriert sind als prominente Beispiele die Comburg bei Schwäbisch Hall, die Michaelskirche und das Rathaus in Schwäbisch Hall sowie das Schloss Weikersheim. Weitere wichtige Beispiele sind das Stadtzentrum und das Schloss in Neuenstein, die neue Aula in Tübingen, das Neue und das Alte Schloss in Stuttgart (Restaurierung nach dem 2. Weltkrieg), die Stiftskirche Hl. Kreuz in Stuttgart, das Rokokoschlösschen und die Stadtmauer in Schwäbisch Gmünd sowie die Kirchen in Asperg, Unterriexingen, Ochsenbach und Tauberzell. Ergänzend seien drei weniger bekannte Beispiele für die römische, mittelalterliche und frührenaissancezeitliche Nutzung des Hauptsandsteins angeführt:
- In Öhringen (Vicus aurelianus), das zwischen dem 2. und 3. Jh. n. Chr. römische Grenz- und Garnisonsstadt am Limes war (zwei Kastelle), wurden bei mehreren archäologischen Ausgrabungen römische Weihe- und Inschriftsteine (Geiger, 2004) sowie Skulpturenfragmente aus Hauptsandstein gefunden; einige Originalfunde sind im Weygang-Museum in Öhringen ausgestellt.
- In der 980–1020 n. Chr. als Stifts- und Wallfahrtskirche erbauten „Großen Basilika“ in Unterregenbach (Lkr. Schwäbisch Hall) wurde der Hauptsandstein für filigran bearbeitete Kapitelle, Relief- und Inschriftsteine sowie für Säulen verwendet. Die im Laufe der Jahrhunderte oft als Bausteine wieder verwendeten Fundstücke werden im Landesmuseum Württemberg in Stuttgart aufbewahrt.
- Die 18 m hohe und nur 10 m breite, freistehende Anhäuser Mauer östlich von Lobenhausen (Gemeinde Satteldorf) ist der einzige Rest des ehemaligen Klosters Anhausen, einem Pauliner-Eremitenkloster. In die Mauer sind fünf aus Lettenkeuper-Sandstein gearbeitete Epitaphe für die Herren von Bebenburg eingelassen, die einen sehr unterschiedlichen Erhaltungsgrad haben.
Wie eingangs erwähnt, wurde der Lettenkeuper-Sandstein vor allem im 19. Jh. in großem Umfang für Grabmäler verwendet. Schöne Beispiele sind auf dem Jüdischen Friedhof von Kippenheim-Schmieheim im Ortenaukreis und auf dem Freiburger Alten Friedhof.
Wichtige Abbaugebiete und Bezugsmöglichkeiten
Nachfolgend werden kurz diejenigen Abbaugebiete beschrieben, in denen heute (Stand 2021) noch Abbau umgeht, oder in denen aus rohstoffgeologischer Sicht ein Potenzial zur künftigen Gewinnung von Lettenkeuper-Sandstein besteht.
Creglingen-Freudenbach: Am nördlichen Ortsrand von Freudenbach befindet sich ein größeres Abbaugebiet im Lettenkeuper-Sandstein, in dem schon mindestens seit dem 17. Jh. Gewinnung eines gelblichen sowie eines braunroten Feinsandsteins betrieben wird. Der Steinbruch der Fa. Roland Vorherr in Freudenbach (RG 6526-1) steht noch in Nutzung, die Steinmetzwerkstatt liegt im Bruchgelände. Die Familie Vorherr hatte schon im Jahr 1690 Steinbrüche gepachtet. Seit 1812 befindet sich der heutige Steinbruch nach Auskunft von R. Vorherr im Besitz der Familie. Im Zeitraum 1994–2009 wurden jährlich 50 m3 Sandstein gewonnen, wovon etwa 20 % für hochwertige Bildhauerarbeiten verwendet werden konnten. Seither wird in geringerem Umfang abgebaut. Benachbart liegen die alten Brüche der Fa. Beck (geschlossen 1954), der Fa. Holm (geschlossen 1950) und der Fa. Holzmann, die ihren Bruch noch bis 1985 betrieb.
Im Steinbruch der Fa. Vorherr ist folgendes Profil aufgeschlossen:
- Boden, Lehm, Hochflächenschutt: 0,5–1 m
- Sand, Abraumschichten aus aufgewittertem Sandstein: 2–3 m
- Lettenkeuper-Sandstein, dickbankig bis massig, gelb: 3–5 m (Oberes Lager)
- Lettenkeuper-Sandstein, dickbankig bis massig, braunrot bis violettrot: 3–5 m (Unteres Lager)
- Fein- bis Mittelsandstein, hellgrau: ca. 0,5 m
- darunter: Oberer Muschelkalk
Der dickbankige bis massige Feinsandstein wird von weitständigen Klüften mit folgender Raumlage durchzogen: 285/86° (Hauptkluftrichtung) und 30–40/70°. Die Rohblockgrößen erreichen 3–4 m3. Der Freudenbacher Sandstein wird seit Jahrhunderten im weiten Umland von Creglingen als Bau- und Ornamentstein eingesetzt. Prominentes Beispiel ist das Barockschloss in Ansbach. Im 18./19. Jh. diente er auch der Herstellung von Schleifsteinen. Heute werden Plastiken, Grabsteine, Fensterbänke, Wandplatten usw. hergestellt oder beliebige Austauschwerkstücke für historische Bauwerke geliefert.
Crailsheim: Im aufgelassenen, seit 1982 als Naturdenkmal ausgewiesenen Steinbruch Satteldorf-Fallteich wurde der hier ca. 10–11 m mächtige Hauptsandstein des Lettenkeupers als Werkstein gebrochen (LGRB, 2005a). Die wahrscheinlich in NO–SW-Richtung verlaufende Sandsteinrinne ist bis dicht an die Basis des Unterkeupers eingetieft. Die Werksteingewinnung ist bis 1840 zurückzuverfolgen. Die Blütezeit lag im Zeitraum 1870–1914 mit maximal 20 Beschäftigten (Mitt. K. Ruff). Bis zum Anfang des 2. Weltkriegs war der Bruch ständig in Betrieb. Nach Kriegsende erfolgte der gewerbsmäßige Abbau zunächst sporadisch; um 1950 wurde er eingestellt. Danach entnahm nur noch die Familie Ruff, die den größten Teil des Steinbruchgeländes besitzt, gelegentlich Sandstein für den Eigenbedarf.
Die aufgeschlossene Gesteinsfolge ist ca. 9–9,5 m mächtig. Der untere, ca. 6–7 m mächtige Abschnitt ist die früher genutzte Werksteinzone; sie setzt sich noch ca. 2 m unter die jetzige Steinbruchsohle fort (Mitteilung K. Ruff). Der Sandstein ist dort hellgrau und überwiegend hart. Dieser Sandstein, den man im geringeren Umfang gewann, war wegen seiner Härte besonders für Schleifsteine geeignet. Wie alte Häuser im nahen Dorf Beuerlbach zeigen, wurde er aber auch als Baustein verwendet. Das Werksteinlager ist nur schwach bis sehr schwach geklüftet (Klüftung ± saiger, Streichen der Hauptkluftrichtungen ca. 75º und 165º). Der darüber folgende, schlecht aufgeschlossene, 2–2,5 m mächtige Abschnitt besteht augenscheinlich überwiegend aus nicht verwertbaren plattigen und dünnbankigen Feinsandsteinen sowie sandig-tonigen Schluffsteinen.
Die aufgeschlossene Werksteinzone besteht im unteren, ca. 4,5 m mächtigen Teil aus einem massigen, partienweise dick- und auch mittelbankig aufspaltenden, hellbraungrauen bis grauen, z. T. sehr schwach mittelkörnigen, gut bis sehr gut sortierten, tonig bis kieselig gebundenen, glimmerführenden Feinsandstein. Kohlige Pflanzenhäcksel sind fein verteilt oder lagenweise angereichert. Es treten große Rippeln auf. Gefügemessungen zeigen einen Sedimenttransport nach Südwesten an (Schüttungsrichtung ca. 220–230º). Aus diesem Abschnitt wurden früher große Blöcke gewonnen. Der obere, ca. 2–2,5 m mächtige Teil der Werksteinzone besteht aus dick- und mittelbankigen, oft dünnbankig aufspaltenden, partienweise deutlich schräggeschichteten (Großrippeln) Feinsandsteinen. Die Sandsteine spalten öfter an den bis einige cm mächtigen Vorschüttungsblättern der Großrippeln auf. Einige Sandsteinbänke sind durch dickere Schluff- und Tonsteinlagen voneinander getrennt.
Aus diesem Abschnitt wurden früher vorrangig Bodenplatten für die Auslegung von Kellern und Ställen gewonnen. Der Sandstein aus dem Steinbruch Fallteich war in Crailsheim und Umgebung früher ein geschätzter Baustein. Referenzobjekte in Crailsheim sind das alte Postamt, der Bahnhof, sowie die Mauer (Abdeckplatten) und die Kapelle des am Nordrand der Stadt gelegenen Friedhofs. Auch das Bahnhofsgebäude in Satteldorf wurde aus diesem Sandstein errichtet.
In der Fortsetzung dieses Sandsteinstrangs wurde früher etwa 400 m südwestlich des Steinbruchs Fallteich im Gewann Krappenäcker in einem kleinen Abbau ebenfalls der Lettenkeuper-Hauptsandstein gewonnen. Die genutzte Mächtigkeit betrug max. 5 m (Mitt. K. Ruff). Der Steinbruch wurde im Zuge der Flurbereinigung vollständig aufgefüllt und rekultiviert.
Schwäbisch Hall: Die einst intensive Gewinnung des Hauptsandsteins als Werkstein ist bei Schwäbisch Hall vollständig erloschen (Therrien, 1983; LGRB, 2003a). Die seit vielen Jahrzehnten aufgelassenen Sandsteinbrüche sind meist verfüllt oder stark zugewachsen, so dass nur noch an wenigen Stellen Profile aufgenommen werden können. Dies gilt insbesondere für die vielen alten Steinbrüche im Raum Rieden–Bibersfeld. Dort konnte bei der rohstoffgeologischen Kartierung mit Ausnahme eines ehemaligen Werksteinbruchs nordwestlich des Riedener Freibads, in dem noch ein 3 m mächtiger Sandstein ansteht, kein bewertbares geologisches Profil mehr aufgefunden und somit auch kein Vorkommen abgegrenzt werden (LGRB, 2003a).
Derzeit kommt im Raum Schwäbisch Hall nur ein bereits früher genutztes Vorkommen östlich des Eichelhofs bei Untermünkheim für eine Werksteingewinnung im Lettenkeuper-Sandstein in Betracht (LGRB, 2003a). Durch den Gesteinsabbau im ehemaligen Steinbruch unmittelbar südöstlich des Eichelhofs (RG 6824‑110) ist am Südrand des Vorkommens ein Bereich mit einer nutzbaren Mächtigkeit von 9 m nachgewiesen. Im Gegensatz zu den sonst im Schwäbisch Haller Raum genutzten graugelben und gelblich grünen Varietäten (z. B. Comburg, Rathaus Schwäbisch Hall) steht hier als Besonderheit ein blutroter bis braunroter, als „Blutstein“ bezeichneter Feinsandstein an (Engel, 1908). Er ist dickbankig bis massig und sehr schwach geklüftet. Wegen der schnellen lateralen und vertikalen Gesteinswechsel von dickbankigen und massigen zu dünnbankigen Sandsteinen, z. T. im Wechsel mit Schluff- und Tonsteinlagen, ist als Grundlage für eine Abbauplanung eine eingehende Erkundung des Vorkommens erforderlich.
Bei zwei weiteren alten Steinbrüchen besteht noch Aussicht auf eine kleinräumige Werksteingewinnung: Westlich des Eichelhofs (RG 6824‑111) kommt ein gelbgrauer, auch hellbräunlich grauer, z. T. leicht rötlicher Feinsandstein in einer nutzbaren Mächtigkeit von ca. 8 m vor. Der untere Teil des Lagers (ca. 5 m) ist dickbankig bis massig und vorwiegend schwach geklüftet. Im oberen Teil (ca. 3 m) ist der Sandstein mittel- bis dickbankig und schwach bis mäßig, stellenweise stark geklüftet. Der ca. 2 m mächtige Abraum besteht aus plattigem bis dünnbankigem Feinsandstein. Im Werksteinbruch bei Bühlerzimmern könnten die ca. 5,5 m mächtigen, dickbankigen gelbgrauen Sandsteine für Renovierungszwecke in Betracht kommen. Es ist folgendes Profil aufgeschlossen:
0–2,5 m | Feinsandstein, dünnbankig bis plattig (Abraum) |
2,5–8,0 m | Feinsandstein, dickbankig bis massig, vorwiegend schwach bis sehr schwach geklüftet, partienweise mäßig geklüftet, gelbgrau bis graugelb, im verwitterten Zustand ziemlich weich |
Neuenstein: Der Abbau des Lettenkeuper-Sandsteins in Neuenstein hat eine jahrhundertelange Tradition. Vermutlich reicht er bis ins frühe 13. Jh. zurück. Damals wurde in einem Sumpfgebiet eine auf Lettenkeuper-Sandstein gegründete Wasserburg erbaut, aus der sich das Schloss Neuenstein entwickelte. Vermutlich ab Mitte des 14. Jh., als Neuenstein das Stadtrecht bekam, und verstärkt im 16. Jh., als die Burg im Renaissancestil zum Schloss ausgebaut wurde, ist für Neuenstein eine rege Sandsteingewinnung anzunehmen. Im 19. und zu Beginn des 20. Jh. war der Neuensteiner Sandstein landesweit ein begehrter Baustein (Engel, 1908). Danach kam der Sandsteinabbau rasch zum Erliegen. Die meisten der früheren Steinbrüche sind heute aufgefüllt und überbaut.
Heute (Stand 2021) findet der Sandsteinabbau nur noch in einem kleinen Gebiet am Südrand von Neuenstein statt, das südlich des Schlosses zwischen dem Epbach und der L1036 liegt. Hier ging vermutlich bereits im 19. Jahrhundert Abbau um. Es ist von der Bebauung und der Landesstraße allseitig umgeben. Der am Westrand dieses Areals gelegene Steinbruch der Fa. Melchior (RG 6723‑1; nutzbare Sandsteinmächigkeit 3–8 m) ist seit 2000/2001 wegen Ablaufs der Genehmigung stillgelegt; nach Betreiberangabe könnte er reaktiviert werden. Heute (Stand 2021) ist allein der Steinbruch der Fa. Schäffler am Nordrand dieses Geländes in Betrieb (RG 6723‑2). Er wurde 1907 im Zusammenhang mit der von 1906–1925 durchgeführten Renovierung und Aufstockung des Schlosses Neuenstein eröffnet.
Abgebaut wird ein mittel- bis selten dickbankiger, feinkörniger, gut sortierter, grünlich grauer bis graubrauner Sandstein. Das Bindemittel ist vorwiegend tonig-ferritisch und sehr schwach karbonatisch, selten kieselig. Teilweise sind dm große, teilweise dunkle Schrägschichtungskörper mit Glimmern sowie Pflanzenhäckseln und/oder Tonflasern auf den Schichtflächen ausgebildet; aus solchen Bereichen stammende Rohblöcke können frostanfällig sein. Die nutzbare Sandsteinmächtigkeit beträgt ca. 3,5–6,5 m, die Mächtigkeit des Abraums liegt bei ca. 8 m. Die Klüfte weisen Abstände von 1–2 m auf und sind annähernd senkrecht zueinander orientiert (166/65° und 267/89°).
Die Gewinnung der Rohblöcke erfolgt durch Bohren und Keilen bzw. Reißen mit dem Bagger. Die Rohblockgröße beträgt maximal 1 x 3 m bei 0,5 m Dicke. Der Sandstein wird fast ausschließlich zur Renovierung genutzt. Von Mauersteinen oder kleinen Platten bis zu figürlichen Arbeiten wird das gesamte Spektrum der Werksteinverarbeitung angeboten. Von den Rohblöcken bleibt ein nicht verwertbarer Produktionsabfall von durchschnittlich 33 % übrig. Die geringere Qualität wird im Garten- und Landschaftsbau eingesetzt. Die Produkte werden vor allem im Großraum Stuttgart-Ludwigsburg vertrieben.
Nagold-Hochdorf: Südlich von Nagold liegt der Ort Hochdorf, der über Jahrhunderte hinweg umfangreichen Abbau von Lettenkeuper-Sandstein erlebt hat. Im 19. Jh. wurde der Sandstein in bis zu neun Steinbrüchen gleichzeitig abgebaut. In der topographischen Karte 1 : 25 000, Blatt 7518 Horb, Ausgabe 1936, sind noch vier große Steinbrüche am Nordrand des Ortes eingezeichnet, nämlich am Fuchsberg, an der Straße nach Gündringen, am Nordostrand und an der östlichen Ortsausfahrt nach Göttelfingen.
Die Werksandsteinschicht war zwischen 4 und 5,5 m mächtig. Teilweise erhalten ist heute nur noch der am nordwestlichen Ortsrand gelegene Bruch am Fuchsberg. Von der umfangreichen Nutzung künden ausgedehnte, bis 8 m hohe Halden. Eine schmale Abbauwand ist noch zugänglich. Der Abbau wurde 1972 eingestellt, große Teile der Brüche mit Müll verfüllt. Anhand der heute noch zugänglichen spärlichen Aufschlüsse lässt sich abschätzen, dass im max. 7 m tiefen Steinbrucheinschnitt auf der Hochdorfer Hochfläche eine bis ca. 5 m mächtige Sandsteinschicht anstand.
Unter 1 m sandigem Lehm folgen 2 m mächtige, dünnplattige, aufgewitterte Sandsteine. Der Werksteinhorizont darunter ist ca. 3 m mächtig und enthält mehrere 0,5–1 m dicke Werksteinbänke. Diese sind mit bis zu 3° nach Südosten geneigt; das Sandsteinlager taucht also in Richtung der Ortschaft ab, in der es aber nach Bohrergebnissen auskeilt (Kranz, 1903). Für eine mögliche Wiederaufnahme der Sandsteingewinnung bei Hochdorf müsste also an diesem westlichsten Steinbruch und in unmittelbarer Nähe der Bebauung erkundet werden.
Am 200 m weiter östlich gelegenen, aufgefüllten Bruchgelände, konnte zur Jahrhundertwende noch folgendes Profil aufgenommen werden (Kranz, 1903):
Unter einer Überlagerung von fast 10 m wurde dort also eine 4 m mächtige Schicht genutzt; der harte Sandstein darunter diente als Bruchsohle. Der Bruch am Nordostausgang erschloss unter 3,5 m tonigen Deckschichten und 3 m mächtigen dünnschichtigen, plattigen Sandsteinen ein 5,5 m mächtiges Lager eines „feinkörnigen Werksteins in massigen Bänken mit zwischengelagerten dünnen Mergeln und Schiefern“ (Kranz, 1903, S. 23).
Gewinnung und Verarbeitung des homogenen Hochdorfer Feinsandsteins führten zu einer weit über das Gebiet der Oberen Gäue hinaus bekannten Steinhauertradition. Zu den bedeutendsten Bauwerken aus Hochdorfer Lettenkeuper-Sandstein gehörten das Neue Stuttgarter Schloss und die Aula der Universität Tübingen. Auf dem jüdischen Friedhof von Kippenheim-Schmieheim (Ortenaukreis) sind zahlreiche Grabsteine aus Hochdorfer Sandstein erhalten; als im 19. Jh. der örtliche Plattensandsteinbruch im Oberen Buntsandstein immer weniger Material liefern konnte, transportierte man den Hochdorfer Sandstein also über den Schwarzwald bis ins Rheintal.
In Hochdorf selbst bietet die ev. Michaeliskirche das beste Beispiel für die Verwendung des Hochdorfer Sandsteins. An der Umfriedung des Kirchhofes wird auch deutlich, dass der Lettenkeuper-Sandstein im häufig durchfeuchteten Bereich zum Absanden und Abschalen neigt; im Lager eingebaut (Schichtung des Werksteins horizontal) und in gut durchlüfteten Bereichen weist er aber eine lange Haltbarkeit auf. An Mauern im Ort lässt sich ablesen, dass neben dem vorherrschenden gelblichen Sandstein auch braunrote Varietäten angetroffen wurden.
Potenzial
Der Hauptsandstein wird aufgrund rasch wechselnder Lagerstättenverhältnisse nur noch in geringem Umfang genutzt, obgleich er sich für vielfältige Renovierungsmaßnahmen und vor allem als Ornament- bzw. Bildhauerstein hervorragend eignet. Der Bedarf des Wieder- oder Neuaufschlusses von Steinbrüchen ist jedoch solange nicht gegeben, wie für Denkmalpflegeprojekte bevorzugt Schilfsandstein oder sogar der aus der Südeifel stammende Udelfanger Sandstein verwendet werden. Die meisten Steinbrüche sind bereits seit fast 100 Jahren oder länger stillgelegt, daher vielfach verstürzt oder verfüllt. Für einige alte Abbaugebiete ist noch ein Restpotenzial erkennbar, wie unten ausgeführt; LGRB (2003a) und LGRB (2005a) beschreiben für das Gebiet Schwäbisch Hall–Crailsheim einige Erschließungsmöglichkeiten.
In Neuenstein besteht am Südrand des Ortes aus rohstoffgeologischer Sicht in dem kleinen Gebiet zwischen den beiden Steinbrüchen der Firmen Melchior (derzeit stillgelegt) und Schäffler und der L1036 ein Potenzial zur Gewinnung des Neuensteiner Sandsteins. Vor einer Fortführung des Abbaus muss aber die Beständigkeit des Werksteinlagers in diesem Areal durch mehrere flache Kernbohrungen überprüft werden. Die unmittelbar angrenzende Wohnbebauung könnte der langfristigen Fortsetzung des Sandsteinabbaus über die bestehende Genehmigung hinaus entgegenstehen.
Im Gebiet Schwäbisch Hall hat das nördlich von Untermünkheim in der KMR50 ausgewiesene, bereits früher genutzte Sandsteinvorkommen am Eichelhof wahrscheinlich ein hohes Potenzial zur Gewinnung von rotem Sandstein. Wegen seiner Farbe wäre dieser Sandstein aber nur in Einzelfällen (z. B. Michaelskirche in Schwäbisch Hall) für Renovierungszwecke geeignet. Bei zwei weiteren früheren Steinbrüchen, westlich des Eichelhofs und bei Bühlerzimmern, besteht noch Aussicht auf eine kleinräumige Werksteingewinnung.
Die auf den geologischen Karten von 6824 Schwäbisch Hall und 6825 Ilshofen dargestellten zahlreichen unverritzten Vorkommen des Hauptsandsteins können wegen ihrer Lage in aufschlussarmen Wiesen- und Waldflächen bei der Kartierung rohstoffgeologisch nicht bewertet werden. In ihnen möglicherweise vorhandene nutzbare Sandsteinkörper sind nur mit hohem Erkundungsaufwand nachzuweisen und abzugrenzen.
Der Steinbruch Satteldorf-Fallteich nördlich von Crailsheim hat aus heutiger Sicht noch ein geringes Potenzial für eine künftige, kleindimensionierte Rohstoffnutzung. Der Sandstein könnte bevorzugt für Restaurierungszwecke eingesetzt werden. Weitere geologische Erkundungsdaten zu Gebieten mit werksteinfähigem Lettenkeuper-Hauptsandstein fehlen im Gebiet Crailsheim (LGRB, 2005a). Die Abgrenzung weiterer Vorkommen ist daher derzeit nicht möglich.
Bei Creglingen-Freudenbach, ganz im Nordosten des Landes, besteht im Umfeld des Steinbruchs der Fa. Vorherr recht wahrscheinlich ein hohes Potenzial zur Gewinnung von gelbem und rotem Lettenkeuper-Sandstein, jedoch muss hier genau ermittelt werden, wo schon früher Abbau stattfand, zumal viele Brüche vollständig verfüllt und anderen Nutzungen (Land- und Forstwirtschaft) zugeführt wurden.
Bei Nagold-Hochdorf müsste durch Bohrarbeiten der weitere Verlauf des nach Südosten einfallenden Lagers geprüft werden, jedoch scheinen aufgrund der dortigen Lagermächtigkeiten und der morphologischen Verhältnisse im Gebiet südlich der alten Steinbrüche (und somit in Annäherung auf die Bebauung) gute Chancen zu bestehen. Bei denkmalpflegerischem Bedarf könnte hier u. U. ein Wiederaufschluss erfolgen, sofern vorab die Fortsetzung des Werksteinlagers und geeignete Sandsteine durch eine Erkundung nachgewiesen sind.
Kurzfassung
Der als Lettenkeuper-Sandstein, Hauptsandstein des Unterkeupers oder nach den wichtigen Abbaugebieten als Freudenbacher, Neuensteiner oder Hochdorfer Sandstein bezeichnete Feinsandstein wurde früher in mehreren Hundert Brüchen gewonnen, heute (Stand 2021) sind nur noch je einer in Creglingen-Freudenbach und in Neuenstein in Betrieb. Die Hauptwerksteinlager sind zwischen 5 und 10 m mächtig und bestehen überwiegend aus einem gelblichen und untergeordnet aus einem braunroten, tonig gebundenen Feinsandstein; im Übergang zum liegenden Muschelkalk treten auch graue, harte Sandsteine auf. Entstehung, Aussehen und Eigenschaften sind dem des Schilfsandsteins ähnlich. Die nutzbaren Werksteinvorkommen des Lettenkeupers reichen vom Tauberland bei Creglingen und Weikersheim bis auf die Baar bei Sulz a. N. Der Hauptsandstein wurde vielfältig eingesetzt: Mauersteine, Platten, Tür- und Fensterumrahmungen, Grabsteine, Schleifsteine, filigrane figürliche und ornamentale Arbeiten u. v. m. Bekannte Bauwerke aus bzw. mit einem großen Anteil an Lettenkeuper-Sandstein sind z. B. Comburg, Michaelskirche und Rathaus bei bzw. in Schwäbisch Hall, Schloss Weikersheim, Schloss Neuenstein, neue Aula der Universität Tübingen und die Schlösser in Stuttgart. Das Lagerstättenpotenzial ist aufgrund der rinnenartigen Ablagerung der Sandsteine und der jahrhundertelangen Nutzung meist gering, jedoch deuten sich in verschiedenen alten Abbaugebieten noch interessante Reserven an, so z. B. bei Creglingen-Freudenbach, Neuenstein und nordwestlich von Nagold-Hochdorf.
Literatur
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