Geologie
Der Untere Muschelkalk besteht aus Kalksteinen, Mergelsteinen, Tonmergelsteinen und Dolomitstein. Die Kalkfazies des Beckeninneren (Jena-Formation) wird in Annäherung an den Beckenrand nach Süden zunehmend durch eine mergelige Dolomitfazies (Freudenstadt-Formation) ersetzt (Geyer et al., 2011). Zum Rand der Verbreitung nach Osten und Südosten hin werden die von Molassesedimenten überlagerten Gesteine des Unteren Muschelkalks zunehmend sandig.
Der Untere Muschelkalk ist überwiegend in Nordostwürttemberg verbreitet. Außerdem steht er in schmalen Zonen in der Umrahmung des Schwarzwalds und Odenwalds an. Im Oberrheingraben tritt er lokal in einzelnen Schollen der Vorbergzone zutage. Der Untere Muschelkalk steht auf einer Fläche von ca. 755 km2 über Tage an, wobei er bereichsweise von quartären Deckschichten überlagert wird. Ansonsten wird der Untere Muschelkalk von jüngerem Mesozoikum, bereichsweise zusätzlich noch von z. T. mächtigem Quartär und Tertiär (Oberrheingraben, Oberschwaben) bedeckt.
Seine größte Mächtigkeit besitzt der Untere Muschelkalk mit rund 80 m im nördlichen Tauberland und im Kraichgau. Nach Süden und Südwesten (Hochrhein) nimmt die Mächtigkeit stetig ab. Ostsüdöstlich der Linie Schwäbisch Hall–Bad Urach–Tuttlingen beträgt sie mit Einsetzen der sandigen Randfazies nur noch zwischen 30 und 50 m, im Wutachgebiet nur noch 20 m (Geyer et al., 2011).
Hydrogeologische Charakteristik
Der Untere Muschelkalk bildet einen überwiegend schichtig gegliederten, stellenweise verkarsteten Kluftgrundwasserleiter mit überwiegend geringer, bei Verkarstung mäßiger bis mittlerer Grundwasserführung. Insbesondere die Schaumkalkbänke neigen bereichsweise zu sehr starker Verkarstung. Es handelt sich dabei um lagenweise oolithische Schillkalkbänke, die durch Herauswittern der Ooide ein poröses „schaumiges“ Aussehen erhalten.
Die Grundwasserleiterbasis bilden die Tonsteine der Rötton-Formation, die Grundwasserdeckfläche die Ton- und Mergelsteine der Karlstadt-Formation (insbesondere Orbicularisschichten), sowie das Salinar des Mittleren Muschelkalks. Die Wechsellagerung von durchlässigeren Schaumkalkbänken und weniger durchlässigen Mergelsteinbänken führt bereichsweise zu einer schichtgebundenen Grundwasserführung.
Das Grundwasser fließt im Unteren Muschelkalk auf Trennfugen (Klüften, Schichtfugen, Störungen), in den verkarsteten Bereichen auch in Karsthohlräumen. Eine größere Grundwasserführung ist an eine stärkere Verkarstung gebunden (Plum et al., 2008).
Unter mächtiger Überdeckung ist der Untere Muschelkalk als Grundwassergeringleiter einzustufen. Bei starker Verkarstung der Schaumkalkbänke kann er einen tiefen Karstgrundwasserleiter bilden.
Hydrogeologische Gliederung des Unteren Muschelkalks
Kürzel |
Mächtigkeit (m) |
Hydrogeologische Beschreibung |
mittlere Transmissivität |
||||
mu |
Unterer Muschelkalk
|
Mikritischer Kalkstein (Jena-Formation, Freudenstadt-Formation), Dolomitstein, untergeordnet Tonstein, Mergelstein und bioklastischer Kalkstein (Jena-Formation) |
50–80 |
Überwiegend schichtig gegliederter, z. T. verkarsteter Kluftgrundwasserleiter mit überwiegend geringer, bei Verkarstung mäßiger bis mittlerer Grundwasserführung |
T = 1 · 10‑5 bis 1 · 10‑3 m2/s |
Die Verkarstung des Unteren Muschelkalks ist, verglichen mit der des Oberen Muschelkalks, weniger ausgeprägt und auf die Kalksteine in der Schichtenfolge beschränkt. Sie geht von der Geländeoberfläche und von den gut durchlässigen Trennfugen (Großklüfte, Störungen) aus. Erhöhte Wasserwegsamkeiten finden sich auch parallel zu den Talflanken infolge Talzuschub und Hangzerreißung. Die Verkarstung ist weitgehend auf die Gebiete beschränkt, in denen der Untere Muschelkalk an der Erdoberfläche ansteht oder nur geringmächtig und lückenhaft überdeckt ist.
Hydraulische Eigenschaften
Der Untere Muschelkalk ist wie der Obere Muschelkalk durch eine deutliche Inhomogenität und Anisotropie der hydrogeologischen Eigenschaften gekennzeichnet.
Der geometrische Mittelwert der Transmissivität beträgt für den Unteren Muschelkalk landesweit T = 5,6 · 10‑5 m2/s. Eine Häufung der Werte ist zwischen T = 1 · 10‑3 und 1 · 10‑5 m2/s bei einer Schwankungsbreite von mehr als sechs Zehnerpotenzen zu erkennen. In Ostwürttemberg treten aufgrund eines hohen Verkarstungsgrades höhere T-Werte auf (Armbruster et al., 2002).
Hydrologie
Im Bereich der z. T. lössbedeckten Hochflächen erfolgt die Grundwasserneubildung im Unteren Muschelkalk einerseits über flächenhafte Infiltration des Niederschlags. Andererseits findet eine konzentrierte Grundwasserneubildung in verkarsteten Gebieten in Dolinen, Schlucklöchern und Bachschwinden statt. Die Neubildungsrate beträgt im langjährigen Mittel (Standardperiode 1981 bis 2010) Gm = 5,6 l/(s · km2). Das entspricht, bezogen auf die Ausstrichfläche von ca. 755 km2, einer Neubildung von Gf = 4200 l/s. Bei Überlagerung durch jüngere Festgesteine erfolgt die Grundwasserneubildung in geringem Umfang durch vertikale Zusickerung über Leakage und Cross-Formation-Flow.
Streicht die Aquiferbasis über dem Vorflutniveau aus (seichter Karst), tritt das Grundwasser des Unteren Muschelkalks über der als Sohlschicht wirkenden Rötton-Formation in Quellen zu Tage. Die mittlere Quellschüttung liegt meist bei etwa 5 l/s, sie kann in besonders günstigen Positionen (z. B. bei Auslauf aus einem Karstsystem) aber auch erheblich größer sein. Die technische Ergiebigkeit von Brunnen im Unteren Muschelkalk bewegt sich zwischen 5 l/s und 10 l/s.
Liegt die Aquiferbasis unter dem Vorflutniveau (tiefer Karst) gibt es drei Entwässerungsmöglichkeiten.
Das Grundwasser tritt entweder
- entlang der Talflanken an Überlaufquellen aus oder
- diffus in den Talgrundwasserleiter oder
- diffus in den Vorfluter.
Geogene Grundwasserbeschaffenheit
Zur Beurteilung der geogenen Beschaffenheit des Grundwassers im Unteren Muschelkalk liegen nur wenige Analysen vor. Das oberflächennahe Grundwasser ist hydrochemisch als erdalkalisch-hydrogenkarbonatisch zu charakterisieren. Bei Zufluss von sulfathaltigem aus dem Mittleren Muschelkalk kann erdalkalisches, überwiegend sulfatisches Grundwasser mit deutlich höherem gelöstem Feststoffinhalt auftreten.
Der gelöste Feststoffinhalt eines anthropogen weitgehend unbeeinflussten Grundwassers aus dem Unteren Muschelkalk beträgt im Mittel 601 mg/l.
Die medianen Konzentrationen von Calcium (117 mg/l), Magnesium (19,6 mg/l) und Hydrogenkarbonat (371 mg/l) sind als Folge der Lösung von Kalzit und Dolomit überwiegend gesteinsbürtig. Die Karbonathärte beträgt etwa 17,0 °dH, die mediane Gesamthärte 7,52 mmol(eq)/l, das entspricht ca. 21,1 °dH (Plum et al., 2009a).
Geschütztheit des Grundwassers
Der geklüftete, lokal auch verkarstete Untere Muschelkalk bietet nur einen geringen Schutz vor dem Eindringen von Schadstoffen von der Erdoberfläche in das Grundwasser. In den Ausstrichgebieten des Unteren Muschelkalks ist das Schutzpotenzial der Grundwasserüberdeckung gering und sehr gering.
Besondere Schwächezonen mit ausgeprägten vertikalen Wasserwegsamkeiten sind Dolinen, Erdfälle, Trockentäler, Bachschwinden sowie oberirdisch abflusslose Senken. Günstigere Verhältnisse finden sich überall dort, wo der Untere Muschelkalk durch Lösssedimente oder Mittleren Muschelkalk überlagert ist.
Grundwassernutzung
Der Untere Muschelkalk wird recht häufig für die Trinkwassergewinnung genutzt.
Die bedeutendste Grundwasserführung tritt in den Schaumkalkbänken auf (z. B. Quellfassung Vorbachwiesen östlich von Weikersheim mit einer mittleren Schüttung von 14,5 l/s oder Quellfassung Königheim mit einer mittleren Schüttung von 30 bis 35 l/s). Ein weiterer ergiebiger genutzter Grundwasserleiter im Unteren Muschelkalk ist verschiedentlich im Grenzgelbkalk an der Basis zum Oberen Buntsandstein ausgebildet.
Die meisten natürlichen und künstlichen Wasseraustritte aus dem Unteren Muschelkalk finden sich westlich, südlich und östlich von Bad Mergentheim. Dort bildet er die Sohlen und Flanken vieler Täler.
Literatur
- (2002). Hydrogeologische Einheiten in Baden-Württemberg. – LGRB-Bericht i. A. des UVM, S. 1–30, 5 Tab., 15 Kt., 11 Anl., Freiburg i. Br. [unveröff.]
- (2011). Geologie von Baden-Württemberg. 5. völlig neu bearb. Aufl., 627 S., Stuttgart (Schweizerbart).
- (2009a). Natürliche geogene Grundwasserbeschaffenheit in den hydrogeologischen Einheiten von Baden-Württemberg. – LGRB-Informationen, 23, S. 1–192.
- (2008). Hydrogeologische Einheiten in Baden-Württemberg. – LGRB-Informationen, 20, S. 1–106.