Lithostratigraphische Gruppe
Übergeordnete Einheit
Karbon
Das Unterkarbon der internationalen Gliederung wird auch Mississippium genannt. In der mitteleuropäischen Gliederung entspricht diese Einheit dem Dinantium einschließlich des tieferen Namurium, dessen Sedimente sich im Schwarzwald unmittelbar an die älteren karbonischen Sedimente anschließen.
Verbreitung in Baden-Württemberg, Landschaftsbild
Nicht metamorphe Gesteine des Unterkarbons treten in Baden-Württemberg lediglich in der Badenweiler–Lenzkirch-Zone in Erscheinung. Diese in Nord–Süd-Richtung bis zu 5 km breite und in Ost–West-Richtung etwa 40 km lange tektonische Zone des Südschwarzwalds ist tektonisch muldenartig in das Kristalline Grundgebirge ihrer Umgebung eingesenkt, wobei ihr Nordrand von Überschiebungen, ihr Südrand von Abschiebungen geprägt ist.
Lithologie, Abgrenzung, Untereinheiten
Die Abfolge beginnt mit flyschoiden Grauwacken, die von basischen bis intermediären Vulkaniten überlagert werden. Darüber, und als subvulkanische Gänge auch darin, folgen saure Vulkanite als Laven und Pyroklastika mit eingeschalteten Laharen und Tuffiten, die von fluvialen Konglomeraten und Blockkonglomeraten überlagert werden.
Die ältesten Sedimente des Unterkarbon werden als Protocanitesgrauwacken-Formation bezeichnet. Es sind flyschartige, teilweise geröllführende Grauwackenabfolgen mit unterschiedlich intensiver kataklastischer Überprägung und Einlagerungen von Tonschiefern und Fremdgesteinsschollen (Flachwasser-Karbonate).
Sie werden von andesitischen, basaltischen und latitischen Vulkaniten und Tuffen überlagert. Diese Abfolge wird von rhyodacitischen subvulkanischen Gängen und Vulkaniten durchschlagen und überlagert, mit denen sie zum Vulkanit-Komplex zusammengefasst werden. Die hierzu gehörenden Kartiereinheiten sind dabei überwiegend petrographisch definiert, bilden jedoch auch eine Altersfolge von andesitisch-basaltischem Vulkanismus (Einheit der intermediären Vulkanite) zu rhyolithisch-rhyodacitischen Magmatiten (Einheiten der sauren Subvulkanite und Vulkanite, Einheit der sauren Pyroklastite, Rhyodacit-Gänge) ab. In die Tuffe und Laven schalten sich nach oben zunehmend vulkanoklastische und klastische Sedimente ein. Die außerhalb der Badenweiler–Lenzkirch-Zone gelegenen Eruptionszentren des Münstertal- und des Stockberg-Quarzporphyrs sind inzwischen geochemisch und radiosiotopisch als comagmatisch mit diesen Einheiten erkannt worden und werden daher ebenfalls zum Vulkanit-Komplex gerechnet.
Den Abschluss bildet die Badenweiler-Konglomerat-Formation, eine Abfolge aus groben fluvialen Konglomeraten mit untergeordnet zwischengeschalteten Sand- und Tonsteinen sowie unbedeutenden Kohleschmitzen. Dabei wird im Bereich von bereits im Karbon freigelegten Granitplutonen ein Granitkonglomerat von dem sonst vorherrschenden Bunten Konglomerat mit größerem Komponentenspektrum unterschieden. Pflanzenreste erlauben eine Einstufung der Sedimente in das Viseum und Serpukhovium (Visé bis beginnendes Namur der Mitteleuropäischen Regionalgliederung).
Mächtigkeit
Die Mächtigkeiten der unterkarbonischen Einheiten betragen jeweils mehrere hundert bis über 1000 Meter, lassen sich aber in den gefalteten und teilweise stark verschuppten Gesteinen nicht mehr sicher bestimmen.
Alterseinstufung
Für die Protocanitesgrauwacken-Formation konnte aus seltenen Goniatitenfunden ein Tournaisium-Alter bestimmt werden. Radiosiotopische Altersbestimmungen an Gesteinen aus dem Vulkanit-Komplex ergaben Alterswerte vom Devon-Karbon-Grenzbereich bis in die Viséum-Stufe. Die Alterswerte der jüngsten sauren Vulkanite liegen nahe an jenen der benachbarten Granitplutone. Zwischen die Konglomerate der Badenweiler-Formation eingeschaltete sandige, tonige und kohlige Schichten führen vereinzelt Pflanzenfossilien des höheren Viséums, möglicherweise noch des tiefsten Namuriums (Serpukhovium der internationalen Gliederung). Diese jüngsten Anteile wären damit nach der internationalen Gliederung noch Unter-, nach der mitteleuropäischen Gliederung jedoch bereits Oberkarbon. Gerölle des auf 333 Mio. Jahre datierten Münsterhalden-Granits in den jüngsten Konglomeraten der Formation belegen eine mit der Granit-Platznahme gleichzeitige und darüber hinaus andauernde Sedimentation.
Ältere Bezeichnungen
Die Sedimente Badenweiler–Lenzkirch-Zone wurden bei ihrer ersten Beschreibung um 1830 als „Übergangsgebirge“ angesprochen und mit dem „Steinkohlengebirge“ in Verbindung gebracht. Sie wurden seither stets dem Unterkarbon zugeschrieben.