Übersicht
Im Gebiet zwischen Eppingen-Mühlbach, Maulbronn, Mühlacker und Güglingen sind die Ablagerungen der Rinnenfazies in Form breiter Schilfsandsteinstränge erhalten; dort ist eine intensive Nutzung des Schilfsandsteins zu verzeichnen (Mittelkeuper, Stuttgart-Formation). Besonders umfangreich ist seit Jahrhunderten die Gewinnung des meist ockergelben, geflaserten oder gestreiften Mühlbacher Sandsteins. Drei unmittelbar benachbarte Steinbrüche im Gemeindewald von Eppingen-Mühlbach sind heute (Stand 2021) noch in Betrieb (Brüche RG 6919‑5 bis ‑7).
Die meisten Steinbrüche im Schilfsandstein des nördlichen Strombergs entstanden auf den Gemarkungen Sulzfeld und Mühlbach zwischen dem Lerchenberg bei Kürnbach und dem Gemeindewald, Distrikt I Hartwald, bei Mühlbach. Das Ausstrichgebiet des Schilfsandsteins im Gebiet nordwestlich von Ochsenburg und südlich von Mühlbach ist auf der geologischen Übersichtskarte dargestellt. Alle Steinbrüche liegen innerhalb des „Mühlbacher Stranges“ (Wurster, 1964a), eines primär mit sandigen Sedimenten aufgefüllten, mittelkeuperzeitlichen Tals. Dieser tritt heute im Landschaftsbild als bewaldeter Stufenbildner mit breiten Hangterrassen und lang gezogenen Bergrücken in Erscheinung (Müller, 2007). Auf die Entstehung dieser Rinnenfüllungen wird unter „Weiler Sandstein“ behandelt.
Unmittelbar südlich von Eppingen-Mühlbach befindet sich das heutige Abbauzentrum von Mühlbacher Schilfsandstein. Die geologische Karte zeigt, dass sich die Gemeindebrüche von Nordwest nach Südost entwickelten, früher also direkt am Ortsrand lagen. Die ausgedehnten Abraumhalden zwischen den heutigen Brüchen und der Ortschaft geben einen Eindruck davon, in welchem Umfang der „Mühlbacher“ schon genutzt wurde. Derzeit (Stand 2021) betreiben auf städtischem Grund die Firmen Friedbert Reimold, Holger Reimold und Erich Frey den Abbau und die Verarbeitung in den unmittelbar benachbarten Werken. Die Fa. Harald Holz – ebenfalls hervorgegangen aus der Mühlbacher Steinmetztradition – hat hier einen Säge-, Steinmetz- und Bildhauerbetrieb, in dem seit einigen Jahren jedoch hauptsächlich Heilbronner Sandstein aus dem „eigenen“, von der Tocher (Fa. Wachauf) geführten Steinbruch bei Heilbronn verarbeitet wird (Stand 2021). Sehr ausgedehnt sind auch der Sulzfelder Steinbruch und der Steinbruch am Buchenbuckel (s. geologische Karte). In dem am Kohlbrunnen und dem am Buchenbuckel herrscht die plattige Sandsteinfazies mit zahlreichen Schrägschüttungskörpern vor.
Geologie
Die nutzbare Mächtigkeit des Mühlbacher Schilfsandsteins liegt im Gemeindewald bei 9–12 m, wovon die oberen 7–10 m in den aktuellen Steinbrüchen gewonnen werden. Im nordöstlichsten Steinbruch wird das dort etwa 11 m mächtige Sandsteinpaket von etwa 8–10 m mächtigen, grauvioletten und rotbraunen Mergel- und Schluffsteinen mit dünnen Sandsteinbänken überlagert (s. Schichtenprofil). Darüber folgen 2–4 m Löss und Lösslehm. Der Abraum über der Werksteinzone nimmt in Richtung Süden langsam zu, weil die Schichten mit 2–3° nach Süden einfallen.
Die für die Fertigung von Tranchen günstige durchschnittliche Schichthöhe liegt nach Angabe der Firmen nur bei 50–60 cm. Für größere Werkstücke greifen die Firmen deshalb häufig auf den farblich recht ähnlichen Udelfanger Sandstein zurück, der sich aber durch eine leicht höhere Wasseraufnahme auszeichnet. Die Streifung bzw. die Einlagerung der genannten dunklen Minerale nimmt nach Auskunft der Steinbruchbetriebe nach unten hin ab; die hochwertigsten und größten Blöcke sind somit an der Basis der Lagerstätte zu finden. Stärker grünlich erscheinende Sandsteine, die – im Gegensatz zu den Verhältnissen in Maulbronn und Heilbronn – nach Auskunft der Steinbruchbetreiber für ihre besondere Festigkeit bekannt sind, treten unregelmäßig verteilt in verschiedenen Niveaus auf.
Die Werksteinlager werden von zwei meist weitständigen Hauptkluftscharen in große Blöcke zerteilt: 40/85° und 95/80–90° (d. h. NW–SO- und NNO–SSW-Streichen). Eine NNO–SSW-gerichtete, etwa 5 m breite Kluftzone durchzieht die Brüche; in ihrem Bereich können nur kleine Blöcke gewonnen werden. Nach statistischen Auswertungen von Singewald (1992) liegt die durchschnittliche Rohblockgröße aufgrund der bereichsweise häufigen tonig belegten Schichtflächen (Lager) bei 0,3 m3, etwa ein Drittel aller Blöcke erreicht aber mehr als 0,5 m3. Bei den Bereisungen in den Jahren 2009 und 2011 wurden – infolge deutlicher Wechsel in der Lagerstättenbeschaffenheit – auch viele Blöcke mit deutlich über 2 m3 angetroffen. Nach Auskunft der Betreiber liegt die durchschnittliche Rohblockgröße im langjährigen Mittel bei 2–3 m3, max. bei etwa 10 m3.
Gesteinsbeschreibung
Beim Mühlbacher Schilfsandstein handelt sich um einen fein- bis mittelkörnigen, ockergelben bis grünlich grauen Sandstein von recht einheitlichem Erscheinungsbild. Charakteristisch ist eine feine, schichtparallele Streifung, bisweilen sind auch Kreuz- und Rippelschichtung erkennbar. Bei der dunklen Bänderung oder Flaserung (s. Anschnitt Mühlbacher Schilfsandstein) handelt es sich um Anreicherungen von dunklen Glimmern und Schwermineralen auf den Schichtflächen (Bohrmann, 1988), z. T. auch von organischer Substanz. Die Bindung ist vornehmlich tonig-ferritisch, z. T. limonitisch, z. T. geht sie auf kieselige Anwachssäume zurück. Wegen der vorherrschend tonigen und limonitischen Bindung ist der Mühlbacher Sandstein leicht und gleichmäßig zu bearbeiten. Die detritischen Körner bestehen zu 45 % aus Bruchstücken quarzreicher magmatischer oder metamorpher Gesteine, zu 29 % aus Quarzkörnern, zu 24 % aus Alkalifeldspat und zu geringen Anteilen aus Schwermineralen und Glimmern (Lukas, 1990b).
Technische Eigenschaften
Der Mühlbacher Sandstein ist aufgrund seiner tonigen Bindung und gleichmäßigen Zusammensetzung hinsichtlich Korngrößen und Mineralbestand ein sehr gut zu bearbeitender Werk- und Bildhauerstein mit langfristiger Stabilität. In Bezug auf Rohdichte, Druck- und Biegefestigkeit, Wasseraufnahme und Verhalten im Frost-Tau-Wechselversuch liegt der Mühlbacher Sandstein innerhalb der Richtwerte (DIN 52 100, DIN 52 104, DIN 52 106). Er ist stabil gegenüber Frost und Aggressorien. Die kapillare Wasseraufnahme ist parallel zur Schichtung deutlich stärker als senkrecht dazu. Werkstücke sollten also besonders im durchfeuchteten Bereich im Lager und nicht auf Spalt eingebaut werden. Für einen tonig gebundenen Sandstein ist die hygrische Längenänderung niedrig. Da es sich nicht um einen kieselig oder kompakt karbonatisch gebundenen Sandstein (wie Buntsandstein, Stubensandstein-Fleins oder Rhätsandstein) handelt, weist der Mühlbacher eine geringere Druckfestigkeit und größere hygrische Dehnung als diese Sandsteine auf. F. Grüner führt das in seinem Bericht (Pkt. 2 in u. g. Zusammenstellung) darauf zurück, dass der Mühlbacher nicht in Staunässezonen eingebaut werden sollte – eine Forderung, die aber für alle Varietäten des Schilfsandsteins sowie für den Lettenkeupersandstein gilt. Die Einwirkung von Auftausalzen ist zu verhindern. Bei der Verwendung als Bodenbelag im Außenbereich sind ausreichendes Gefälle und gute Drainage zu gewährleisten. Die vielen jahrhundertealten Bauwerke belegen, dass der Mühlbacher Schilfsandstein langfristig stabil und frostbeständig ist, wenn er nicht der Dauerfeuchtigkeit ausgesetzt ist und bei der Verarbeitung Abschnitte mit tonigen Flasern ausgehalten werden (s. o., Lagerstättenverhältnisse).
Mühlbacher Sandstein 1) |
Prüfzeugnisse der TH Karlsruhe (1978) |
Lukas (1990b) |
Grassegger et al. (1990) |
Bohrmann (1988) |
MPA Karlsruhe (INSK, Müller 1984ff) |
2,10–2,12 g/cm3 |
2,15 g/cm3 |
2,15 g/cm3 |
2,04–2,2 g/cm3 |
2,1–2,2 g/cm3 |
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- |
2,65 g/cm3 |
2,61 g/cm3 |
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- |
18,98 Vol.‑% |
15,9–20,5 Vol.‑% |
- |
- | |
Sichtbarer Porenraum |
- |
- |
- |
- |
- |
Durchschnittliche Porengröße |
- |
0,05 mm (mikroskopisch) |
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Wasseraufnahme unter Atmosphärendruck |
1. Messreihe: 6,59–7,28 M.‑% (n = 5), Mittelwert 6,98 M.‑% 2. Messreihe: 6,9–7,4 M.‑% (n = 5), Mittelwert 7,1 M.‑% |
5,97 M.‑% |
- |
13,5–14,6 % |
- |
Wasseraufnahme unter Vakuum |
8,89–10,19 M.‑% (n = 5), Mittelwert 9,68 M.‑% |
- |
- |
- |
- |
Sättigungsgrad/s-Wert |
0,72 |
0,67 |
- |
- |
- |
92,8–99,8 MPa, Mittelwert 96,5 MPa |
- |
71–86 MPa |
71,9–86,2 MPa |
96,5 MPa |
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5,8–6,6 MPa (n = 5), Mittelwert 6,2 MPa | - | - | - |
6,2 MPa |
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Frost-Tau-Wechsel (5 Proben) |
keine Rissbildungen oder Absplitterungen |
- |
- |
- |
- |
1) Beständigkeit gegenüber Säuren nach DIN 52 106 (Lagerung in schwefeliger Säure): keine Veränderungen
Nach Prüfbericht der MPA Stuttgart (Dr. F. Grüner) vom August 2009, Proben aus dem Stbr. Friedbert Reimold:
Proben aus dem Stbr. Friedbert Reimold |
Prüfbericht der MPA Stuttgart (Dr. F. Grüner) vom August 2009 |
2,098–2,126 g/cm3 |
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2,69 g/cm3 |
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Offene Porosität |
21,61 Vol.‑% |
Kapillare Wasseraufnahme (Saugverhalten) parallel zur Schichtung |
5,26–5,50 kg/m2 h‑0,5 |
Kapillare Wasseraufnahme (Saugverhalten) senkrecht zur Schichtung |
2,29–2,74 kg/m2 h-0,5 |
Wasseraufnahme unter Atmosphärendruck |
5,98–6,58 M.‑%, Mittelwert 6,25 M.‑% (n = 12) |
Druckfestigkeit senkrecht zur Schichtung |
67,3–70,7 MPa, Mittelwert 69,4 MPa (n = 5) |
Druckfestigkeit parallel zur Schichtung |
62,0–68,3 MPa, Mittelwert 65,1 MPa (n = 5) |
6,4–7,3 MPa, Mittelwert 7,0 MPa (n = 5) |
|
Biegefestigkeit nach Befrostung |
7,4 MPa (Mittelwert, n = 16) |
Hygrische Längenänderung |
0,35 mm/m (Mittelwert, n = 5) |
Frost-Tauwechsel-Versuch |
Prüfkörper zeigten keine Absplitterungen und Massenverluste. |
Gewinnung
Genutzt wurden Blöcke aus dem Schutt der steilen Hänge sicher schon in vorgeschichtlicher und römischer Zeit. Bis in das 12. Jahrhundert griff man wohl ebenfalls vor allem auf das reichliche Angebot in der Aufwitterungszone und den Talalluvionen zurück, zumal in dieser Zeit vor allem Mauersteine und Bodenplatten nachgefragt waren. Die regelrechte Steinbruchgewinnung auf Mühlbacher oder Sulzfelder Gemarkung begann vermutlich im 13. Jahrhundert, worauf die Quader im ältesten Teil der Kirche hinweisen (Mitt. Jens Reimold). Auch in der Stadtmauer und dem in der ersten Hälfte des 13. Jh. erbauten sog. Pfeifferturm in Eppingen findet sich Mühlbacher Sandstein. Für das Jahr 1370 sind erstmals Steinbrüche in den Aufzeichnungen über den Mühlbacher Forst dokumentiert (Erläuterungen zur Geschichte im Mühlbacher Steinhauermuseum, Quelle: Heimat- und Geschichtsverein Mühlbach, 75031 Eppingen). Die erste Blütezeit endete wohl mit dem 30‑jährigen Krieg Mitte des 17. Jh. Der damit verbundene wirtschaftliche Niedergang hatte Auswirkung bis in das frühe 18. Jahrhundert, weil Bauaufträge fehlten und für den Bau der Häuser und Höfe eher das leichter verfügbare Holz aus dem Hartwald Verwendung fand. Erst als das Holz aus den nahen Waldungen zur Mangelware wurde, griff man wieder auf den gut zu bearbeitenden, zugleich beständigen Sandstein aus den alten Steinbrüchen am Ortsrand zurück. Vor allem Fundamentsteine, Gewölbesteine, Stufen und Pflastersteine für die Küchen und die Innen- und Vorhöfe wurden benötigt.
In der ersten Hälfte des 19. Jh. hatten sich zahlreiche kleine Brüche am Anstieg zum Hartwald entwickelt (s. geologische Karte), von denen viele im Eigentum der Eppinger waren. Es etablierten sich Steinmetz- und Bildhauerwerkstätten, die den Mühlbacher Stein berühmt machten und Ausbildungsplätze in ihren Werkstätten schufen. Im Jahr 1830 gründete der berühmte Steinmetzmeister Markus Sachsenheimer seine Firma. Schon 1849 versuchte die Gemeinde Mühlbach die Genehmigung für den Betrieb eines eigenen Steinbruchs zu erlangen. Aber erst 1863 wurde diesem Wunsch durch die Großherzogliche Forstdirektion in Karlsruhe stattgegeben. Die Gemeinde Mühlbach erwarb 1881 das Gelände der sog. Eppinger Steinbruchenklave für 6500 Gulden, regelte ab sofort den Abbau und legte damit die Grundlage für das Aufblühen des Steinhandwerks in Mühlbach. Die meisten der heute noch tätigen Firmen haben ihre geschichtlichen Wurzeln in dieser Zeit (Quelle: Mühlbacher Steinhauermuseum).
Die Gleichmäßigkeit des Mühlbacher Sandsteins, der warme Farbton und die vielseitige Verwendbarkeit – vom Mauer- und Sockelquader bis zum kunstvoll gestalteten Grabmal – machten ihn weithin bekannt und beliebt. Die große Nachfrage schaffte rasch Arbeitsplätze, die Lagerstättenverhältnisse erlaubten einen kostengünstigen Abbau. Um 1900 waren etwa 600 Personen und damit rund 90 Prozent der männlichen erwerbsfähigen Einwohner in den damals 18 Steinbruchbetrieben des Ortes beschäftigt. Der durch Steingewinnung und ‑verarbeitung erreichte Wohlstand drückt sich noch heute augenscheinlich in den vielen stattlichen, aus massivem Sandsteinmauerwerk errichteten Bürgerhäusern aus, die vor allem im Zeitraum 1886–1930 entstanden sind. 1870/72 wurde die evangelische Kirche unter Einbeziehung mittelalterlicher Vorgängerbauten im neogotischen Stil errichtet, 1903 folgte das stolze Rathaus.
Wegen des rasanten Abbaufortschritts und mangelnder Überwachung der Betriebe ereigneten sich in dieser Zeit durch Steinschlag und Hangrutsche nicht selten schwere Unfälle in den großen Steinbrüchen. Mit dem Ersten Weltkrieg ging die wirtschaftliche Entwicklung der Mühlbacher Steinbrüche wie auch andernorts stark zurück, die Weltwirtschaftskrise von 1929 brachte den Sandsteinabbau bei Mühlbach fast zum Erliegen. Ab 1934 wurden für die damals beliebten Monumentalbauten große Mengen Sandstein benötigt, so dass die Steinindustrie in Mühlbach bis zum Ausbruch des Zweiten Weltkriegs wieder aufblühte. Nach dem Zweiten Weltkrieg erholte sich das Steinhauergewerbe langsam aber stetig. Heute (Stand 2021) bauen drei Firmen mit langer Steinhauertradition im Gebiet des Mühlbacher Gemeindesteinbruchs ab, der noch für viele Jahrzehnte Vorräte bereithält (vgl. Abschnitt Potenzial): Fa. Holger Reimold, Fa. Erich Frey und Fa. Friedbert Reimold. Als Beispiel für die familiäre Tradition ist die Geschichte der Fa. Friedbert Reimold angeführt (https://www.reimold.com/ueber-uns.html, abgerufen am 11.05.2021):
- Joh. Philipp Reimold: Selbständiger Alleinpächter ab 1890
- Emil Reimold: 1883–1955, Steinmetzmeister seit 1913
- Kurt Reimold: 1910–1973, Steinmetzmeister seit 1936
- Friedbert Reimold: 1940–2003, Steinmetzmeister seit 1966
- Jens Reimold: geb. 1968, Steinmetzmeister seit 1993, Inhaber seit 2001
- Daniel Reimold: geb. 1987, Steinmetzmeister seit 2010
Technik der Gewinnung: Wegen der bankigen bis dickplattigen Absonderung und der gleichmäßigen tonigen Kornbindung konnte der Mühlbacher Sandstein leicht mit händischen Werkzeugen gelöst und bearbeitet werden. Der bei der Bearbeitung entstehende feine Quarzstaub verursachte jedoch häufig Lungenerkrankungen (Silikose); besonders die in den Hütten arbeitenden Arbeiter waren davon betroffen. Die händischen Abbaumethoden erlaubten über lange Zeit hinweg nur eine Nutzung der oberflächennahen, besonders entlang der tonigen Zwischenmittel bereits aufgelockerten Schichten. Ein Vordringen in größere Tiefen und ein Lösen der großen, massigen Bänke war nur schwer möglich. Gegen Ende des 19. Jh. wurden aufgrund des größeren Bedarfs an Bildhauermaterial und somit an großen, frischen Rohblöcken verstärkt Hebemaschinen, dann hölzerne Kräne eingesetzt. Zu Beginn des 20. Jh. kamen Stahlkräne mit Dieselmotoren hinzu (Quelle: Mühlbacher Steinhauermuseum).
Heute (Stand 2021) lösen die drei unmittelbar nebeneinander gelegenen Firmen, die alle im gemeindeeigenen Steinbruch Gewinnung betreiben und die Verarbeitung in den angeschlossenen Werken vornehmen, den Sandstein mit Bohren, Reißen und schonendem Sprengen mittels Sprengschnur. Danach werden die Blöcke mit Bagger bzw. Radlader abgehoben und zum nahen Werk transportiert. Der Abbau erfolgt bevorzugt in der frostfreien Zeit. Nach sorgfältiger Auswahl der Blockabschnitte, wobei besonders auf geöffnete Fugen, Stiche und schichtige Einlagerungen geachtet wird, werden im Werk mit Einblatt- und Kreissägen bei ständiger Wasseraufgabe (Nasssägen) Tranchen bzw. auf Maß gesägte Blöcke erzeugt und verschiedenartige Werkstücke im durchfeuchteten Zustand händisch oder mit pressluftgetriebenem Werkzeug bearbeitet. Aufgrund des Einsatzes moderner Abbau- und Verarbeitungstechnik – seit einigen Jahren auch mit CAD gesteuerten, automatischen Steinsägen – kann heute ein Arbeiter die Leistung erbringen, für die früher mehrere Dutzend Steinbrecher und Steinmetze erforderlich waren.
Verwendung
Der Mühlbacher Sandstein wurde über Jahrhunderte hinweg in großem Umfang zur Herstellung von Mauerquadern und Platten verwendet. Für Bildhauerarbeiten ist er ebenfalls sehr gut geeignet, wobei die lagerfreien Schichthöhen im gegenwärtig genutzten Lagerstättenteil in der Regel unter 1 m, meist bei 0,5–0,6 m liegen. Auch Mahl- und Schleifsteine wurden früher aus ihm gefertigt. Heute bauen die o. g. Firmen durchschnittlich etwa 2000 m3 bzw. 4500 t Sandsteine pro Jahr ab, wovon zwischen 50 und 75 % verwertbar sind (Produktionsmenge). Etwa die Hälfte der Produktion geht in die Herstellung von Werkstücken für die Renovierung historischer Bauten und für die Innenarchitektur, die andere Hälfte in den Garten- und Landschaftsbau, für den besonders Mauersteine und Platten nachgefragt sind. Der Schwerpunkt der heutigen Sägeproduktion liegt in der Herstellung von Tranchen, Platten und Verblendsteinen, Bodenplatten und Abdeckungen, Fensterumrahmungen und ‑bänken, Balustern, Kaminverkleidungen, Säulen und Schalen, Trögen, Sitzbänken und Tischen zur Gartengestaltung usw. Für den Garten- und Landschaftsbau werden vor allem die dickplattigen bis dünnbankigen Schichten aus dem oberen Teil der Lagerstätten genutzt (s. Schichtenprofil).
Verwendungsbeispiele sind neben den zahlreichen repräsentativen Bürgerhäusern in Mühlbach, dem dortigen Rathaus von 1903 mit dem 1998 eingerichteten Steinhauermuseum und der benachbarten evangelischen Kirche die historischen Bauten in Eppingen wie der Pfeifferturm (13. Jh.), die Alte Universität (1494/95) und viele weitere Fachwerkbauten sowie die bei Sulzfeld gelegene Ravensburg (10./11. Jh.), ferner die Rathäuser in Östringen und Pforzheim, die Bahnhöfe in Karlsruhe und Basel, das Neue und das Alte Schloss in Stuttgart sowie mehrere Kirchen und Schulen in Freiburg. Im Jahr 1909 wurden für den Karlsruher Hauptbahnhof 1300 m3 Mühlbacher Sandstein angeliefert (Quelle: Steinhauermuseum Mühlbach). Die Fassade des Schlosses auf der Insel Mainau ist ebenfalls aus Mühlbacher gefertigt.
Als weiteres Beispiel kann die evangelische Christuskirche im Freiburger Stadtteil Wiehre angeführt werden, die vor allem aus Mühlbacher Sandstein errichtet wurde (Mitt. A. Hellstern, Freiburg). Sie wurde zwischen 1889 und 1891 im Baustil des Historismus erbaut, wobei sich der Architekt Ludwig Diemer an den Stil der oberitalienischen Frührenaissance anlehnte (Zimdars et al., 1997). Das Beispiel dieser seit ihrer Errichtung unverputzten Kirche zeigt, dass der Mühlbacher Schilfsandstein gut wetterbeständig ist, wenn er nicht der Dauerfeuchtigkeit ausgesetzt ist. Dabei wurde von den Erbauern kein Augenmerk darauf gerichtet, die Mauerquader nur mit dem Lager einzubauen (Schichtung horizontal), viele Quader sind auch auf Spalt gestellt (Schichtung senkrecht), was an vielen Bauwerken zum Aufblättern glimmerführender, feinschichtiger Sandsteine führte. Der Sockelbereich ist aus Buntsandstein vom Typus Heimbach gefertigt. Die gedrechselten schlanken Säulen am Eingang zeigen, wie gut und gleichmäßig der Schilfsandstein durch den Bildhauer bearbeitet werden kann.
Potenzial
Die Steinbrüche liegen am Nord- bzw. Nordwestrand des Geländerückens des Hartwalds, der zuoberst durch Schilfsandstein aufgebaut wird. In den südwestlichen und südlichen Ausläufern des Hartwalds liegen noch alte Sandsteinbrüche im Forchenwald bzw. im Gewann Steinmetz, am Westzipfel der Sommerhälde und an der Rohrhälde, alle drei östlich bzw. südöstlich oberhalb von Kürnbach, sowie je ein Bruch bei Ochsenburg und Leonbronn. Die fast lückenlose Überdeckung der Hochfläche durch mehrere Meter Löss und Lösslehm macht jedoch eine Prognose der Ausdehnung und genauen Begrenzung der Werksteinfazies im Bereich des Hartwalds unmöglich. Nur Kernbohrprogramme, kombiniert mit geoelektrischer Kartierung und Auswertung digitaler Höhenmodelle (Laserscan der Geländeoberfläche), können Aufschluss über die Lage und Mächtigkeit der besten Werksteinbereiche geben. Unmittelbar südöstlich des Mühlbacher Gemeindesteinbruchs wurden 1988 drei Kernbohrungen zur Erkundung der Lagerstättenverhältnisse im Nahbereich der alten Brüche abgeteuft. Betreut wurden sie von F. Wurm vom damaligen Geologischen Landesamt. Beispielhaft zeigt das Profil der Bohrung 95 im künftigen Erweiterungsgebiet der Mühlbacher Gemeindebrüche den Schichtaufbau (s. geologische Karte, Ansatzhöhe 305 m ü. NHN):
- 3,00 m |
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- 4,15 m |
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- 5,15 m |
Feinsandstein (Dunkle Mergel) |
- 9,10 m |
Tonstein, feinsandig, z. T. dolomitisch, rotbraun, grau und graugrün (Dunkle Mergel) |
- 10,00 m |
Sandstein, tonig, geschichtet, Pflanzenhäcksel (Schilfsandstein, keine Werksteinqualität) |
- 16,25 m |
Sandstein, feinkörnig, mit mittelkörnigen Lagen, gelbbraun bis grünlich braun (Schilfsandstein): Obere Werksteinbank, Mächtigkeit 6,25 m |
- 17,25 m |
Sandstein, fein- bis mittelkörnig, kohlige Lagen, z. T. feinschichtig (mäßige Werksteinqualität) |
- 19,40 m |
Sandstein, fein- bis mittelkörnig, grünlich braun (oliv): Untere Werksteinbank, Mächtigkeit 2,15 m |
- 23,00 m |
(Endteufe der Bohrung): Sandstein, fein- bis mittelkörnig, Lagen mit kohliger Substanz, ab 20,10 m zunehmend mürber werdend (keine Werksteinqualität) |
Darunter |
Tonsteine, grau und grüngrau, dolomitisch (Graue Estherienschichten, Gipskeuper) |
Das Bohrprofil zeigt: Unter 10 m mächtigen, nicht nutzbaren Schichten aus Lösslehm, Tonstein und tonigem Sandstein folgt ein 6,25 m mächtiger oberer Werksteinhorizont; er ist nach Bohrbefund in mindestens drei Lager geteilt. Nach einer 1 m mächtigen minderwertigen Sandsteinlage folgt ein unterer Werksteinhorizont von 2,15 m Mächtigkeit, darunter nicht verwertbare mürbe Sandsteine und schließlich die Tonsteine des Gipskeupers. Insgesamt sind dort also 8,4 m mächtige Werksteinbänke zu erwarten.
Im gleichen Niveau liegen weiter westlich große aufgelassene Sandsteinbrüche, nämlich der Sulzfelder Steinbruch, der Steinbruch am Kohlbrunnen und die Steinbrüche am Buchenbuckel. Der Schichtaufbau ist im Westteil des Steinbruchs am Buchenbuckel unter einer 0,5 bis 3 m mächtigen Auflockerungs- und Bodenzone wie folgt (Bohrung 555 in der geologischen Karte):
- 4,05 m |
|
- 4,10 m |
Schluffstein |
- 4,90 m | Sandstein, tonig |
- 4,95 m | Schluffstein, tonig |
- 7,95 m | Sandstein, tonig, schräg geschichtet |
- 8,15 m | Schluffstein, tonig |
- 9,05 m | Wechselfolge von dünnbankigem Sandstein und Schluffstein |
- 11,15 m | Sandstein, tonig, schräg geschichtet, dünnbankig, unten mit kohligen Intraklasten |
- 11,20 m | Schluffstein, tonig |
- 11,70 m | Sandstein, tonig, mit Rippelschichtung, darunter folgt schluffiger Tonstein |
Vergleicht man die beiden Bohrprofile, so wird deutlich, dass der Steinbruch am Buchenbuckel eine tonig-schluffigere Abfolge mit gering mächtigen Sandsteinbänken aufweist, wohingegen im Hartwald bei Mühlbach von 9,1 bis mindestens 23 m unter Gelände meist dickbankige Sandsteine angetroffen wurden. Das Bild der heutigen Steinbrüche bestätigt den Bohrbefund. Diese Unterschiede sind durch die Position der Steinbrüche innerhalb bzw. randlich zu einer Flussrinne zu erklären. Die Aufschlüsse in den seit langem auflässigen Steinbrüchen im Schaibern und am Kohlbrunnen auf Sulzfelder Gemarkung zeigen plattige bis dünnbankige Schilfsandsteine innerhalb einer max. 6–7 m mächtigen Nutzschicht mit zahlreichen Schrägschüttungskörpern. Während diese Brüche heute aufgrund des Mangels an haltbaren, dicken Bänken für die Werksteinindustrie nicht von Bedeutung sind, wurden sie früher zur leichten händischen Gewinnung von Mauersteinen und Platten gerne genutzt.
Die genehmigte Abbaufläche der Gemeinde Mühlbach umgibt die bestehenden Steinbrüche ringförmig im Süden und Osten und ist so groß, dass unter Berücksichtigung der in den Brüchen noch vorhandenen Mengen und der durchschnittlichen Abbaurate Reserven für mehrere Jahrzehnte zu erwarten sind. Die auf der geologischen Karte dargestellten Positionen der Kernbohrungen von 1988, damals am oberen Rand der Brüche gelegen, liegen heute innerhalb der Brüche. Um die weitere Vortriebsrichtung des Abbaus und die anfallenden Abraummengen genau planen zu können, sind daher weitere Kernbohrungen sinnvoll.
Die Fazieskartierung der zugänglichen Steinbruchwände macht wahrscheinlich, dass sich die ONO–WSW- bis NO–SW-verlaufende, breite Hauptrinne des Mühlbacher Stranges unmittelbar südöstlich an den Abbruch des Hartwalds anschließt (Wurster, 1964a; Müller, 2007). Dieser Strang vereinigt sich weiter südlich von Ochsenburg vermutlich mit dem von Güglingen herüberziehenden und bildet mit diesem im Raum Maulbronn eine besonders große Sandsteinebene. Das Lagerstättenpotenzial an Schilfsandstein in Werksteinqualität ist in nordöstliche, südöstliche und südwestliche Richtungen von Mühlbach am größten. Es ist zu erwarten, dass bei einem Abbaufortschritt in Richtung des Zentrums der ehemaligen Flussrinne, d. h. in südöstliche Richtung, die Bankmächtigkeiten wieder zunehmen.
Kurzfassung
Beim Mühlbacher Schilfsandstein handelt sich um einen ockergelben bis grünlich grauen Sandstein von recht einheitlichem Erscheinungsbild und charakteristischer Streifung. Die Steinbrüche bei Eppingen-Mühlbach sind spätestens seit dem 13. Jahrhundert in Betrieb; heute (Stand 2021) gewinnen und verarbeiten noch drei Steinmetzbetriebe diesen Feinsandstein. Neben den zahlreichen Bürgerhäusern in Mühlbach, dem dortigen Rathaus von 1903 und der benachbarten evangelischen Kirche sind in Eppingen zahlreiche Bauten des 10. bis 15. Jh. aus diesem Werkstein zu finden: Pfeifferturm, die Alte Universität und viele weitere Fachwerkbauten sowie die bei Sulzfeld gelegene Ravensburg, ferner die Rathäuser in Östringen und Pforzheim, die Bahnhöfe in Karlsruhe und Basel, das Neue und das Alte Schloss in Stuttgart, die Christuskirche in Freiburg. Der Schwerpunkt der heutigen Produktion liegt in der Herstellung von Tranchen, Platten, Verblendsteinen und Fensterumrahmungen, Balustern, Säulen und unterschiedlichsten Elementen für die Gartengestaltung.
Weiterführende Links zum Thema
Literatur
- (1988). Untersuchungen zum Verwitterungsverhalten von Bausteinen am Beispiel des Schilfsandsteins. – Dipl.-Arb. Univ. Heidelberg, 155 S., Heidelberg. [83 Abb., unveröff.]
- (1990). Die Schilfsandsteine Baden-Württembergs. Teil I: Technische Eigenschaften (Teile 1 und 2). – Bautenschutz und Bausanierung, 13, S. 53–55 und 68–70. [6 Abb., 2 Tab.]
- (1990b). Geologie und Naturwerksteine Baden-Württembergs. – Grimm, W.-D. (Hrsg.). Bildatlas wichtiger Denkmalgesteine der Bundesrepublik Deutschland, S. 147–162, 2 Taf., München (Arbeitsheft Bayr. Landesamt Denkmalpflege, 50). [2 Abb.]
- (2007). Der Schilfsandstein des Mühlbacher Stranges – Fazies, Rohstoffgeologie, 3D-Modell. – Dipl.-Arb. Univ. Tübingen, 104 S., Tübingen. [unveröff.]
- (1984ff). INSK – Internationale Naturstein-Kartei. 1ff S., Ulm (Ebner). [10 Bände, Loseblattsammlung]
- (1992). Naturwerkstein – Exploration und Gewinnung; Untersuchung, Bewertung, Verfahren, Kosten. , 260 S., Köln (Verl.-Ges. Müller). [244 Abb., 42 Tab., zugl. Diss. Univ. Clausthal]
- (1964a). Geologie des Schilfsandsteins. – Mitteilungen aus dem Geologischen Staatsinstitut in Hamburg, 33, S. 1–140, 4 Taf., 15 Kt. [57 Abb.]
- (1997). Die Regierungsbezirke Freiburg und Tübingen. – Handbuch der Deutschen Kunstdenkmäler/Georg Dehio: Baden-Württemberg II, 906 S., München, Berlin (Deutscher Kunstverlag).