Bei der tiefen Geothermie wird geothermische Energie über Tiefbohrungen erschlossen und direkt genutzt. Die tiefe Geothermie beginnt bei einer Tiefe von mehr als 400 m und einer Temperatur über 20 °C (VDI 4640). Üblich ist allerdings, von tiefer Geothermie erst bei Tiefen über 1000 m und bei Temperaturen über 60 °C zu sprechen. Die Temperaturverteilung im Untergrund wird beeinflusst durch
- konduktiven Wärmetransport im Gestein
- konvektiven Wärmetransport durch fließendes Grundwasser.
In Deutschland werden die Nutzungssysteme der tiefen Geothermie in hydrothermale und petrothermale Systeme untergliedert (Stober et al., 2016).
Bei den hydrothermalen Systemen wird überwiegend warmes bzw. heißes Grundwasser aus tief liegenden Aquiferen genutzt. In Baden-Württemberg werden in Abhängigkeit von der Tiefenlage Grundwassertemperaturen bis ca. 160 °C erreicht. Die Nutzung erfolgt meist direkt, ggf. über Wärmetauscher zur Speisung von Nah- und Fernwärmenetzen, zur landwirtschaftlichen bzw. industriellen Wärmenutzung oder für Thermalbäder bzw. für balneologische Zwecke. Prinzipiell ist ab ca. 100 °C eine Verstromung mittels zusätzlicher Technologien möglich. Sie ist jedoch erst ab etwa 120 °C mit nennenswertem elektrischem Wirkungsgrad wirtschaftlich (Stober & Bucher, 2014).
Für eine nachhaltige Nutzung tiefer Grundwässer sind mindestens zwei Bohrungen (geothermische Dublette) erforderlich, eine Förderbohrung und eine Injektionsbohrung. Tiefe Grundwasserleiter eignen sich auch zur Einspeicherung von Wärme für eine spätere Nutzung zur nachhaltigen, dezentralen Energieversorgung (Aquiferspeicher).
Bei den petrothermalen Systemen erfolgt überwiegend eine Nutzung der im Gestein gespeicherten Energie, wobei die Durchlässigkeit und damit die natürliche Grundwasserführung des Gesteins niedrig ist. Zu den petrothermalen Nutzungssystemen gehören die so genannten „Enhanced geothermal Systems“ (EGS, alte Bezeichnung: Hot-Dry-Rock-System, HDR) und tiefe Erdwärmesonden. EGS sind primär zur Stromerzeugung vorgesehen, tiefe Erdwärmesonden ausschließlich für Heizzwecke. Auch bei EGS sind für eine nachhaltige geothermische Nutzung mindestens zwei Bohrungen erforderlich.
Die Geothermie unterscheidet sich von den übrigen erneuerbaren Energiequellen darin, dass sie praktisch überall vorhanden und grundlastfähig ist, sowie sie sich kontinuierlich regeneriert. Dies führt dazu, dass ihr Potenzial bei sachgerechter Bewirtschaftung nahezu unbegrenzt ist.
Literatur
- (2013a). Geopotenziale des tieferen Untergrundes im Oberrheingraben, Fachlich-Technischer Abschlussbericht des Interreg-Projekts GeORG, Teil 1: Ziele und Ergebnisse des Projekts (Zusammenfassung). – LGRB-Informationen 28, S. 1–103.
- (2014). Geothermie. 2. Auflage, 302 S., 145 Abb., Heidelberg (Springer Verlag).
- (2016). Tiefe Geothermie – Grundlagen und Nutzungsmöglichkeiten in Deutschland. 4. überarb. Aufl., 87 S., Hannover (Leibniz-Institut für Angewandte Geophysik (LIAG)).