Übersicht
Die Rutschung Heiligenberg liegt im Bereich der Gemeinde Heiligenberg im Bodenseekreis. Die Umgebung von Heiligenberg zeigt zwei sehr unterschiedliche Oberflächenformen. Die flach nach Norden geneigten Hochflächen vom Heiligenberg und Höchsten sind Relikt einer alten präquartären Landschaft und wurden von den älteren Gletschervorstößen nur sanft reliefiert. Noch heute erfolgt die Entwässerung von hier aus in Richtung Donau. Der Ortsteil der Altgemeinde Heiligenberg liegt direkt an dem ca. 300 m hohen Steilhang, der den Verlauf der jüngsten würmzeitlichen Gletscherausdehnung nachzeichnet. Dieser Gletschervorstoß war mit tiefgreifender Erosion und massiver Ausräumung zum Rhein hin gekoppelt. Der übersteilte Abhang war nach dem Rückzug des stützenden Eises instabil, was in der Folgezeit verstärkt zu großflächigen Rutschungen führte.
Geologischer Überblick
Der Rutschhang befindet sich am Übergang des Bodenseebeckens zum Oberschwäbischen Hügelland und wird aus den Gesteinen der Oberen Süßwassermolasse (Sand- und Mergelgesteine) aufgebaut. Diese werden von Günz-Deckenschottern überlagert, welche hier nagelfluhartig verbacken vorliegen. Darüber liegen die glazialen Sedimente (Diamikte, Kiese, Sande und Feinsedimente) der Kißlegg-Subformation. Die geologischen Rahmenbedingungen aus gering durchlässigen Gesteinen der Oberen Süßwassermolasse im Liegenden und den überlagernden, geklüfteten und damit gut durchlässigen Nagelfluhbänken der Günz-Deckenschotter begünstigen die Entstehung von Quellaustritten und Vernässungszonen an diesen Hangbereichen. Die unterhalb gelegenen Hangbereiche werden verstärkt durchfeuchtet. Ein gehäuftes Auftreten von Rutschungen ist die Folge.
Jüngere sekundäre Rutschungen
Die Landesstraße L201 verbindet die Gemeinde Frickingen mit der Gemeinde Heiligenberg. Zwischen dem Ortsteil Steigen und der Altgemeinde Heiligenberg quert die L201 den gesamten Rutschhang unterhalb der Hauptabrisskante. Ober- und unterhalb der Landesstraße kam es aufgrund des übersteilten Hanges in den vergangenen Jahren immer wieder zu sekundären Rutschungen am Übergang der Günz-Deckenschotter zu den tieferliegenden, oberflächlich aufgewitterten Gesteinen der Oberen Süßwassermolasse.
In den niederschlagsreichen Wintermonaten 2010 und 2015 traten in den steilen Hängen im Umfeld der L201 mehrere sekundäre Rutschungen auf. Bei diesen handelte es sich in der Regel um flachgründige Translationsrutschungen, welche eine Gleitflächentiefe von bis zu zwei Meter aufwiesen. Die Hänge im Bereich des Rutschhangs und des Hauptabrisses der Rutschung Heiligenberg befinden sich in einem labilen Gleichgewicht. Die Hangneigung beträgt im Abrissbereich der Rutschung im Durchschnitt ca. 70° und im weiteren Unterhang ca. 6–8°. In vielen Bereichen gibt es Anzeichen für Hangkriechen. In den bewaldeten Hängen weisen zudem zahlreiche verkippte Bäume („Betrunkener Wald“ (Rutschung)) auf Bewegungen hin. Es ist davon auszugehen, dass die Lockergesteinsauflagen der labilen Hänge durch das aus den durchlässigen Günzschottern zutretende Wasser aufsättigten und schließlich abrutschten.
Die 2010 entstandenen Rutschungen wurden jeweils lokal durch die Auflage eines Stahldrahtgeflechts mit einer Systemvernagelung gesichert. Bei der 2015 gebildeten Rutschung blockierten abgerutschtes Hangmaterial sowie gekippte Bäume die unterliegende Gemeindestraße „Alte Steige“, sodass diese gesperrt werden musste. Nach Abtrag der Rutschmasse mithilfe eines Schreitbaggers erfolgte die Sicherung mit zwei unterschiedlichen Konzepten. Im unteren Hangbereich wurde ein Fuß aus Kalkschroppen aufgebracht, der zum einen den Hangfuß stabilisiert, zum anderen aufgrund der guten Durchlässigkeit drainierend wirkt und eventuell zufließendes Hangwasser abführt. Die Aufstandsfläche des Kalkschroppenfußes wurde abgetreppt ausgeführt, um eine ausreichende Verzahnung mit dem Untergrund sicherzustellen. Im oberen Hangbereich erfolgte die Sicherung durch Auflage eines hochscherfesten Stahldrahtgeflechts mit einer untergelegten Erosionsschutzmatte aus Jute sowie mit einer Systemvernagelung und Randseilen.
Nachfolgend sind die wichtigsten Punkte der Rutschung Heiligenberg tabellarisch aufgelistet:
Stammdaten:
Objekt-ID |
8121_Ru00001 |
Objektname |
Rutschung Heiligenberg |
Lokalität |
Südwestlich der Ortslage von Heiligenberg |
Gemeinde |
Heiligenberg |
Stadt-/Landkreis |
Bodenseekreis |
TK25-Nr. |
8121 |
TK25-Name |
Heiligenberg |
Datengrundlage |
|
Lage-Bezugspunkt |
Höchster Punkt der Abrisskante/Hangbewegung |
Ostwert |
522840 |
Nordwert |
5296770 |
Koordinatenreferenzsystem |
ETRS89/UTM32 |
Koordinatenfindung |
Karte |
Höhe [m ü. NHN] |
760 |
Höhenermittlung |
Karte |
Allgemeine Fachdaten:
Entstehungszeitraum |
unbekannt |
Aktivität |
unbekannt |
Geländenutzung während der Entstehung |
Wald, Grünland, Wohngebiet, Feldweg, Gemeindeweg, Landstraße |
Schäden |
Wald, Gemeindeweg, Landstraße |
Spezielle Fachdaten Massenbewegungen:
Primär-/Folgeereignis |
Primärereignis |
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Prozess der Hauptbewegung |
Rutschprozess allgemein |
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Max. Länge [m] |
ca. 1220 |
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Max. Breite [m] |
ca. 1100 |
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Fläche der Hangbewegung [m²] |
ca. 1 320 000 |
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Max. Tiefe der Gleitfläche [m] |
unbekannt (> 10) |
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Durchschn. Tiefe der Gleitfläche [m] |
unbekannt |
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Fläche der Rutschmasse [m²] |
ca. 1 165 000 |
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Kubatur der Rutschmasse [m³] |
unbekannt |
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Höchster Punkt der Abrisskante [m ü. NHN] |
760 |
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Höchster Punkt der Rutschmasse [m ü. NHN] |
670 |
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Max. Höhenunterschied zwischen Abrisskante und Rutschmassentop [m] |
ca. 90 |
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Tiefster Punkt der Rutschmasse [m ü. NHN] |
530 |
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Max. Höhenunterschied (H) zwischen höchstem und tiefstem Punkt der Rutschung [m] |
ca. 230 |
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Exposition [°] |
225 |
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Durchschnittliche Hangneigung zwischen Abrisskante und Rutschmassenfuß [°] |
11 |
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Hang-neigung [°] |
Oben (zwischen Abrisskante und Rutschmassentop) |
70 |
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Mitte (oberer Teil der Rutschmasse) |
6 |
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Unten (unterer Teil der Rutschmasse) |
8 |
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Ursache |
geogen |
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Auslöser |
unbekannt |
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Geologie |
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Kißlegg-Sfm (qILK) |
Kies, sandig |
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Günz-Deckenschotter (qpODG) |
Kies, sandig; Konglomerat |
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Obere Süßwassermolasse (tOS) |
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Gefahrenbeurteilung |
geringe Gefahr |
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Überwachungsmaßnahmen |
nein |
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Sicherungsmaßnahmen |
teilweise Sicherungsmaßnahmen im Bereich der sekundären Rutschungen |
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Sonstige Anmerkungen |
flache Sekundärrutschungen, Vernässungszonen, Quellen |