Verbreitungsgebiete: Schwäbische Alb
Erdgeschichtliche Einstufung: Oberjura-Massenkalk-Formation (joMK), Oberjura
(Hinweis: Die Rohstoffkartierung liegt noch nicht landesweit vor. Der Bearbeitungsstand der Kartierung lässt sich in der Karte über das Symbol „Themenebenen“ links oben einblenden.)
Lagerstättenkörper
Die Kalksteine der Oberjura-Massenkalk-Formation (joMK) der Schwäbischen Alb bilden linsige bis länglich orientierte Körper mit unterschiedlicher Größe, die aus flachen, kalksandigen Riffen (sog. Bioherme, „Riff-Fazies“ s. u.) entstanden sind. Innerhalb der Oberjura-Massenkalk-Formation treten variabel dimensionierte Bereiche aus hochreinen Kalksteinen (CaCO3-Gehalt > 98,5 %, mit Durchmessern zwischen einigen Metern und mehreren Kilometern) auf, die von einer Umwandlung wie Dolomitisierung und Dedolomitisierung (Zuckerkornlochfels) verschont geblieben sind. Auf der gesamten Schwäbischen Alb liegen nach Angaben von Kimmig et al. (2001) nur 1–2 % der nutzbaren Massenkalksteine als hochreine Kalksteine in Vorkommen mit wirtschaftlich interessanten Vorräten vor.
Die Ausdehnung der Lagerstätten hochreiner Kalksteine wird nicht nur durch die sekundäre Umwandlung der Kalksteine beschränkt, sondern auch durch die (zugängliche) nutzbare Mächtigkeit sowie durch tektonische Störungen, engständige Kluftsysteme („Bretterklüftung“), daran gebundene Verkarstung und Verlehmung, Abraumschichten und durch Erosionsformen wie Täler und Karstsenken. In diesen unregelmäßigen, oft kompliziert aufgebauten Körpern hochreiner Kalksteine können nur durch engständige Erkundungsbohrungen bauwürdige Bereiche abgegrenzt werden.
Gestein
Die Massenkalksteine bestehen vor allem aus mikrobiell (Cyanobakterien) abgeschiedenen Kalkkrusten, partikelreichen Schwammkalken und Partikelkalken. Entstanden sind sie in flachen, kalksandigen Riffen (sog. Schwamm-Mikroben-Bioherme), in denen die Mikrobenmatten und Schwämme das Sediment fixierten und stabilisierten. An den Rändern verzahnen sich die Schwamm-Mikroben-Bioherme mit den deutlich geschichteten Kalk- und Mergelsteinen der Bankkalk-Fazies.
Bei den hochreinen Kalksteinen der Oberjura-Massenkalk-Formation der Schwäbischen Alb handelt es sich um massige, dichte, feinkörnige (sparitische), fossilreiche Kalksteine mit z. T. angedeuteter Bankung. Ihre Färbung ist überwiegend weiß bis cremeweiß, lokal können auch bräunliche, gräuliche und beige Färbungen auftreten. Der Bruch der Gesteine ist zumeist splittrig und scharfkantig mit rauen z. T. auch glatten Bruchflächen. Neben den dichten Partien können auch poröse bis kavernöse Bereiche vorkommen. Sekundäre Umwandlungen (s. o.) sowie Verkarstung und Verlehmung der Gesteine verursachen Abbau- und Verwertungserschwernisse. In den Kalksteinen auftretende Kieselknollen beeinträchtigen die Gesteinsqualität und -verarbeitung durch erhöhte Abnutzung der Aufbereitungsanlagen.
Petrographie
Zur Einordnung der Kalksteine als hochreine Kalksteine ist ein CaCO3-Gehalt > 98,5 % erforderlich. Zudem sollten die Gesteine nur geringe Gehalte an Quarz, Eisen und Mangan aufweisen. Insbesondere die beiden letztgenannten führen zu unerwünschten Verfärbungen der an sich weißen Kalksteine.
Steinbruch-Großprobe (RG 7227-1) , Gebiet nördlich von Heidenheim a. d. Brenz (Ro7227/EP7):
Chemie | Anteil [%] |
SiO2 | 0,3 |
TiO2 | < 0,1 |
Al2O3 | < 0,1 |
Fe2O3 | 0,1 |
MnO | < 0,1 |
MgO | 0,2 |
CaO | 55,6 |
Na2O | < 0,1 |
K2O | < 0,1 |
P2O5 | < 0,1 |
Glühverlust | 43,7 |
Gesamtkarbonat | 99,4 |
Aufgrund des geringen Eisen- und sehr hohen Kalkgehalts kann Material dieser Zusammensetzung auch für die chemische Industrie verwendet werden.
Der Gesamtkarbonatgehalt von 5 Proben aus TK 25 7919, 8019, 8119 lauten für:
Massenkaklsteine: 99,1 % (min. 98,6 %, max. 99,5 %) und für Bankkalksteine: 94,2 % (min. 93 %, max. 95,5 %).
Die Gesteine bestehen fast ausschließlich aus Calcit (Rest: Quarz, Kaolinit, Muskovit/Illit).
Geochemische Analysen ergaben folgende Werte (3 Proben aus TK 25 7919, 8019, 8119):
Chemie | Anteil [%] |
SiO2 | 0,27 |
TiO2 | 0,01 |
Al2O3 | 0,09 |
Fe2O3 | 0,13 |
MnO | 0,01 |
MgO | 0,2 |
CaO | 55,3 |
Na2O | < 0,01 |
K2O | 0,02 |
P2O5 | 0,02 |
Mächtigkeiten
Geologische Mächtigkeit: Die Mächtigkeit der Oberjura-Massenkalk-Formation ist je nach dem Einsetzen des „Riffwachstums“ auf der Schwäbischen Alb variabel und kann bis 300 m erreichen (Geyer et al. 2011). Aufgrund der o. g. sekundären Umwandlungen sind die Mächtigkeiten der hochreinen Kalksteine der Oberjura-Massenkalk-Formation im Allgemeinen geringer anzusetzen.
Genutzte Mächtigkeit: Die genutzte Mächtigkeit in den hochreinen Kalkstein gewinnenden Steinbrüchen auf der Schwäbischen Alb variiert von 35–120 m.
Gewinnung und Verwendung
Gewinnung:
Auf der Schwäbischen Alb wird zurzeit (2020) an acht Standorten primär und an weiteren vier Standorten beibrechend hochreiner Kalkstein gewonnen. Das Gestein wird mittels Bohren und Sprengen gelöst. Eine Selektion nach dem Weißgrad der Kalksteine findet zumeist schon während der Beladung der Schwerlastkraftwagen statt. Die hochreinen Kalksteine werden in der Aufbereitung gebrochen, gemahlen, gesiebt und als Gesteinsmehle und -körnungen verkauft. Kalksteine, welche die Qualitätsanforderungen für hochreine Kalksteine (CaCO3-Gehalt > 98,5 %, sehr geringer Eisen- und Mangangehalt) nicht erreichen werden als Körnungen für den Verkehrswegbau, als Baustoffe und Betonzuschlag verwendet.
Verwendung: Hochreine Kalksteine finden in der Glas-, Putz-, Papierindustrie sowie chemischen Industrie (Kunststoffe, Farben, Lacke, Klebstoffe und Teppichbodenrückseiten), Rauchgasentschwefelung, Wasseraufbereitung, Terrazzo-, Kalksandstein-, Porenbetonstein-Herstellung, in der Düngemittel- sowie Futter- und Nahrungsmittelindustrie Verwendung (s. Graphik). Je nach Einsatzbereich bestehen Vorgaben in Bezug auf die chemische Zusammensetzung und den Weißgrad.
Literatur
- (2011). Geologie von Baden-Württemberg. 5. völlig neu bearb. Aufl., 627 S., Stuttgart (Schweizerbart).
- (2001). Hochreine Kalksteine im Oberjura der Schwäbischen Alb – Zusammensetzung, Verbreitung, Einsatzmöglichkeiten. – Zeitschrift für Angewandte Geologie, 47, S. 101–108.
- (1994). Mittlere Schwäbische Alb (Blautal-Geislingen): Neue Interpretation der Massenkalke. – 146. Jahrestagung DGG „Beckenbildung und -inversion in Europa; Endogene und Exogene Faktoren“. 30 S., Heidelberg. [Exkursionsführer]
- (1994). The Late Jurassic „Massenkalk Fazies“ of Southern Germany: Calcareous sand piles rather than organic reefs. – Facies, 31, S. 179–208.