Im gesamten Keuperbergland Baden-Württembergs sind Hangrutschungen innerhalb der Grabfeld-Formation (Mittelkeuper) bekannt. Häufig treten die Rutschungen im Grenzbereich zur überlagernden Stuttgart-Formation (Mittelkeuper) auf.
Als Auslöser von Hangrutschungen gilt insbesondere die hohe Wasserzufuhr durch Niederschläge sowie durch Grundwasser aus den überlagernden Sandsteinen der Stuttgart-Formation. Die Festgesteine der Stuttgart-Formation weisen aufgrund einer starken Klüftung hohe Durchlässigkeiten auf (Wagenplast, 2005). Die Wasserzufuhr in die unterlagernden veränderlich festen Gesteine der Grabfeld-Formation führt schließlich zu einer tiefreichenden Verwitterung und Entfestigung der dort auftretenden Tonsteine (Brunner, 2001b). Durch die Verwitterung und Entfestigung der Tonsteine wurden die durch die eiszeitliche Taleintiefung entstandenen steilen Talhänge destabilisiert und große Schollengleitungen konnten ausgelöst werden. Zudem wurde und wird das Abgleiten der Rutschschollen durch die Entfestigung durch Gipsauslaugung im Untergrund und das Nachsacken der überlagernden Schichten begünstigt (Brunner & Hinkelbein, 2000).
Die Hangrutschungen im Ausstrichbereich der Grabfeld-Formation besitzen meist morphologisch gut ausgeprägte Abrisskanten, welche sich im Grenzbereich zur überlagernden Stuttgart-Formation, lokal auch in der Mainhardt-Formation (Mittelkeuper) befinden. Die Hauptgleitflächen liegen häufig bis zu mehrere Zehnermeter unter Gelände. Von der Abrisskante beginnend, fallen die Gleitflächen zunächst sehr steil ein, bevor sich diese auf dem Niveau der Talaue stark abflachen und nahezu horizontal ausgebildet sein können.
Die insbesondere an den Nordhängen lang anhaltende Winterfeuchte führte zu der in den Tälern der Grabfeld-Formation typischen asymmetrischen Talausbildung. Dabei weisen in der Regel die nach Süden und Westen gerichteten Hänge steilere Hangneigungen auf als die nach Norden oder Osten orientierten, von Rutschungen betroffenen Hänge (Brunner et al., 1990).
Die eiszeitliche Taleintiefung führte bereits im Spätglazial und frühen Holozän zu einer Übersteilung und somit zu einer Destabilisierung der Hänge, welche Hangrutschungen innerhalb der Grabfeld-Formation auslösten (Geyer et al., 2011). Die eiszeitlichen Rutschbewegungen sind heute nach Einstellung eines neuen (labilen) Hanggleichgewichts üblicherweise zum Erliegen gekommen. Eingriffe in dieses Gleichgewicht (z. B. durch Baumaßnahmen wie Flurbereinigungen, Abtragungen am Hangfuß oder große Massenumlagerungen) können jedoch destabilisierend wirken, sodass fossile Rutschmassen reaktiviert werden können.
Im Zuge des von 1971–1973 durchgeführten Flurbereinigungsverfahrens Erlenbach III (Gewann Seeberg und Drachenloch) wurde 1974 eine eiszeitliche Großschollenrutschung reaktiviert, was dort zu ausgedehnten Hangbewegungen führte. Schäden an der unterliegenden Bebauung waren die Folge. Ein Wohngebäude musste abgerissen und neu aufgebaut werden.
Weitere prominente Beispiele für eine Reaktivierung eiszeitlicher Hangrutschungen ist die Großschollenrutschung am Wildenberg bei Weinsberg sowie die Hangrutschung am Killesberg in Stuttgart-Feuerbach. Im Grenzbereich der Grabfeld-Formation zur Stuttgart-Formation sowie zum überlagernden Steinbruchabraum ereignete sich am Killesberg eine Rutschung innerhalb eines Wohngebietes.
Literatur
- (2001b). Erläuterungen zu Blatt 6721 Bad Friedrichshall. – Erl. Geol. Kt. Baden-Württ. 1 : 25 000, 183 S., 7 Beil., Freiburg i. Br. (Landesamt für Geologie, Rohstoffe und Bergbau Baden-Württemberg).
- (2000). Erläuterungen zu Blatt Heilbronn und Umgebung. – 1. Aufl., Geologische Karte von Baden-Württemberg 1 : 50 000, 292 S., Freiburg i. Br. (Landesamt für Geologie, Rohstoffe und Bergbau Baden-Württemberg).
- (1990). Trias, Tektonik und Ingenieurgeologie in Nordostwürttemberg (Exkursion B am 19. und 20. April 1990). – Jahresberichte und Mitteilungen des Oberrheinischen Geologischen Vereins, N. F. 72, S. 57–94.
- (2011). Geologie von Baden-Württemberg. 5. völlig neu bearb. Aufl., 627 S., Stuttgart (Schweizerbart).
- (2016b). Homepage LGRB » Informationssysteme » Geoanwendungen » Geogefahren » Ingenieurgeologische Gefahrenhinweiskarte von Baden-Württemberg, verfügbar unter http://www.lgrb-bw.de/informationssysteme/geoanwendungen/geogefahren.
- (2005). Ingenieurgeologische Gefahren in Baden-Württemberg. – LGRB-Informationen, 16, S. 1–79.