Verbreitungsgebiet: Mittlerer und südlicher Oberrheingraben
Erdgeschichtliche Einstufung: Neuenburg-, Breisgau-, Ortenau-Formation, Quartär
(Hinweis: Die Rohstoffkartierung liegt noch nicht landesweit vor. Der Bearbeitungsstand der Kartierung lässt sich in der Karte über das Symbol "Themenebenen" links oben einblenden.)
Lagerstättenkörper
Die Sedimentation der Kiese und Sande zwischen Basel und Karlsruhe erfolgte während des Pleistozäns in einem stark verzweigten bis mäandrierenden, nach Norden fließenden Flusssystem im sich tektonisch einsenkenden Oberrheingraben. Dabei wurden schräg und horizontal geschichtete Kiese und Sande in Flussrinnen und Feinsedimente in Stillwasserarmen sowie auf Überflutungsebenen abgelagert. Die Kieslager werden vorwiegend von stark steinigen Mittel- bis Grobkiesen sowie Fein- bis Grobkiesen aufgebaut.
Stratigraphisch werden die Kiese und Sande vom Südende des Grabens bis in den Raum Lahr–Offenburg in die Neuenburg-Formation mit vorwiegend alpinem Geröllspektrum und in die unterlagernde Breisgau-Formation, die sich hauptsächlich aus Geröllen des Schwarzwaldes und der Vogesen zusammensetzt, unterteilt. Von der Region Lahr–Offenburg bis in den Raum Karlsruhe ist eine deutliche Trennung der Kieskörper aus überwiegend alpinem oder lokalem Material nicht mehr durchzuführen, da sich die verschiedenen Schüttungen lateral und vertikal miteinander verzahnen. Daher werden die Kiese und Sande in diesem Bereich der Ortenau-Formation zugeordnet.
Innerhalb der Kieskörper treten zahlreiche sandige Horizonte auf, die jedoch meist nur eine kurze laterale Erstreckung aufweisen. Abgelagerte Feinsedimente wurden bei Hochwasserereignissen häufig teilweise bzw. vollständig erodiert. Feinsedimente, welche die Abbautiefe einschränken können, treten nördlich von Lichtenau auf. Hierbei handelt es sich um die Ludwigshafen-Formation (früher: Oberer Zwischenhorizont, OZH), die bei feinkörniger bis toniger Ausbildung und einer Mächtigkeit von über 3 m abbautechnisch nicht durchdrungen werden kann.
Gestein
Die Kiese werden aus verwitterungsresistenten Geröllen aus dem Alpenraum sowie von oft weniger festen Geröllen aus dem Schwarzwald und den Vogesen aufgebaut. Typische Gerölle in den oberrheinischen Kieslagern sind rote und schwarze Lydite (Kieselschiefer, Radiolarite) alpiner Herkunft, honiggelbe Quarzite und dunkle Flyschkalksteine. Die Schichtenfolge wird von stark steinigen Mittel- bis Grobkiesen sowie Fein- bis Grobkiesen aufgebaut.
Bereiche mit ungünstigen Materialeigenschaften:
1) Erhöhtes Auftreten von weniger widerstandsfähigem Randgebirgsmaterial (verwittertes bis zersetztes Schwarzwaldmaterial), dadurch Zunahme des nicht nutzbaren Feinanteils (Schluff, Ton); vor allem in den östlichen Randgebieten der Grabenfüllung.
2) Mächtigere nicht nutzbare Einschaltungen von Ton-, Kalksand- und Kalkmergelsteinen.
3) Wechselnder Sandanteil sowie linsen- oder lagenförmig auftretende Sandkörper innerhalb der Nutzschicht.
4) Örtlich auftretende Nagelfluhbildungen (= Verfestigung der Kiese durch Karbonatausfällung).
5) Erhöhter Anteil an Gesteinen mit feinkristalliner oder amorpher Kieselsäure wie z. B. Kieselschiefer (Radiolarit), alpine Grauwacken, Hornsteine und Quarzporphyre des Schwarzwaldes können zu unerwünschten Alkali-Kieselsäure-Reaktionen (AKR) in Beton führen.
Petrographie
Die Kiese zeigen generell eine Abnahme der Korngröße von Süden nach Norden. Dabei nimmt z. B. von Neuenburg im Süden über eine Distanz von 100 km nach Rheinau im Norden der markante Anteil an Steinen und Blöcken von 18 % auf 1 % kontinuierlich ab. Südlich von Karlsruhe tritt die Kornfraktion Steine nicht mehr auf. Analog zur Korngrößenverringerung steigt der Ton- und Sandgehalt in den Kiesen von 18 % im Süden des Oberrheingrabens auf ca. 29 % bei Rheinau. Zudem ist zur Tiefe ein Übergang zu stärker sandigen Kiesen festzustellen.
Korngrößenverteilung: Durchschnittliche Korngrößenanteile in Prozent von Süden (Neuenburg) nach Norden (Rheinau):
Süden [Anteil in %] |
Norden [Anteil in %] |
|
Ton und Sand |
17 |
29 |
Fein- bis Mittelkies |
42 |
53 |
Grobkies |
27 |
18 |
Steine und Blöcke |
14 |
0 |
Neben der Höhe des Sandanteils ändert sich auch die Zusammensetzung der Sande. Während die Karbonat- und Quarzgehalte in der Sandfraktion im Süden noch bei ca. 20 % bzw. 50 % liegen, nimmt der Karbonatanteil nach Norden auf unter 5 % ab und der Quarzgehalt auf über 80 % zu.
Im gesamten betrachteten Gebiet ist zum östlichen Grabenrand hin eine Zunahme von Schwarzwaldmaterial festzustellen. Die Gehalte an Schwarzwaldmaterial liegen zwischen ca. 10 % im Zentrum des Grabens und etwa 35 % am Schwarzwaldrand. Dabei macht sich der Einfluss der Schwemmfächer von Flüssen wie z. B. der Dreisam, Kinzig und Rench bemerkbar, die vornehmlich Schwarzwaldmaterial enthalten. Insgesamt sind die alpinen Gerölle aufgrund ihres längeren Transportweges, widerstandsfähiger als das lokale Material. Die z. T. mürben Schwarzwaldgerölle werden auch als „faule Kiese“ bezeichnet und können die Rohstoffqualität mindern.
Geröllpetrographische Untersuchungen des LGRB an der Mittelkiesfraktion 16/22 mm ergab folgende durchschnittliche Zusammensetzung im Oberrheingraben zwischen Basel und Karlsruhe:
Gesteine |
Anteil in Prozent |
41 |
|
15 |
|
Feinsandsteine |
13 |
Milchquarze |
11 |
Mittel- und Grobsandsteine |
6 |
alpine Gneise |
6 |
Kieselige Gesteine, Typ: Hornstein, Radiolarit |
4, lokal bis 10 |
3 |
|
vulkanische Gesteine |
1 |
Der Anteil an Vulkaniten, Gneisen, Mittel- und Grobsandsteinen und Kalksteinen nimmt generell von Süden nach Norden ab, während die vorwiegend aus Quarz aufgebauten bzw. silikatisch gebundenen Gesteine aufgrund ihrer stärkeren Widerstandsfähigkeit gegenüber mechanischer Zerkleinerung in ihrer relativen Häufigkeit stromabwärts zunehmen.
Mächtigkeiten
Geologische Mächtigkeit: Die geologische Mächtigkeit der quartären Schichtenfolge ist abhängig von der Tiefenlage der einzelnen abgesunkenen tektonischen Schollen und daher deutlichen Schwankungen unterworfen. Die Neuenburg-Formation weist eine Mächtigkeit von durchschnittlich 40–60 m auf und erreicht ihre maximale Mächtigkeit bei Hausen an der Möhlin mit ca. 75 m. Die unterlagernde Breisgau-Formation weist eine mittlere Mächtigkeit von 50 bis 100 m auf und erreicht ihr Maximum südlich des Kaiserstuhls mit 140 m. Die Sedimente der Breisgau-Formation keilen etwa auf der Höhe von Auggen aus, die Restmächtigkeiten der Neuenburg-Formation betragen hier noch rund 20 m. Die Mächtigkeit der Ortenau-Formation variiert von ca. 120 m in Tieflagen zu 30–50 m im Bereich von Schwellen wie z. B. im Raum Rastatt–Karlsruhe.
Über der Kies- und Sandfolge liegen meist 0,5–3 m mächtige Deckschichten aus Kiesverwitterungsböden, Auenlehmen, Löss und Lösslehmen. Am Rhein können die Auensedimente z. T. 5–10 m mächtig werden. Am östlichen Grabenrand erreichen die Deckschichten (Löss und Lösslehm, Fließerde und Hangschutt) Mächtigkeiten von stellenweise über 20 m Mächtigkeit.
Genutzte Mächtigkeit: Analog zur geologischen Mächtigkeit ist auch die nutzbare Mächtigkeit der Kiese und Sande des Oberrheingrabens zwischen Basel und Karlsruhe an die Tiefenlage der einzelnen tektonischen Schollen gebunden. Um Neuenburg erreichen die Kiese und Sande nutzbare Mächtigkeiten um ca. 30 m. Nach Norden ist bis westlich und südlich des Kaiserstuhls eine Zunahme auf 90 bzw. über 120 m festzustellen. Nördlich des Kaiserstuhls verläuft eine rheinparallele Kiessenke bis in den Raum Kehl mit nutzbaren Mächtigkeiten um 100 bzw. 120 m westlich von Offenburg. Nordöstlich von Kehl verringert sich die nutzbare Kiesmächtigkeit aufgrund einer tektonischen Hochscholle auf 70 m, um in der nordöstlich anschließenden Unzhurster Kiessenke auf 100 m anzusteigen. Ab einer Linie Hügelsheim–Baden-Baden bestimmt die tektonische Hochlage der Rastatt–Karlsruher-Schwelle die nutzbare Kiesmächtigkeit, die hier maximal um die 40 m erreicht. Feinkörnige Zwischenhorizonte, die einen Abbau zur Tiefe einschränken können, treten als vereinzelte Linsen zwischen Kehl und Karlsruhe auf. Hier ist besondere der Zwischenhorizont bei Lichtenau und Rheinmünster zu nennen, der die nutzbare Mächtigkeit auf 20–30 m begrenzt.
Gewinnung und Verwendung
Gewinnung: Die Gewinnung der Kiese und Sande am Oberrheingraben erfolgt in zahlreichen Kiesgruben überwiegend im Nassabbau mittels Schwimmbagger oder Baggerschiff. Teilweise erfolgt auch ein kombinierter Trocken- und Nassabbau. In der Vergangenheit wurden Kiese und Sande auch im Trockenabbau gewonnen.
Verwendung: Der größte Anteil der Rheinkiese geht überwiegend in den qualifizierten Verkehrswegebau und die Betonherstellung (meist Transportbeton). Die Sande werden auch zur Herstellung von Kalksandstein verwendet. Bei entsprechend hohem Quarzgehalt der Sande könnten diese auch in der Glas- und Zementindustrie eingesetzt werden.
Externe Lexika
Litholex
Literatur
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- (2011a). Blatt L 7312/L 7314 Rheinau/Baden-Baden und Westteil des Blattes L 7316 Bad Wildbad, mit Erläuterungen. – Karte der mineralischen Rohstoffe von Baden-Württemberg 1 : 50 000, 243 S., 36 Abb., 9 Tab., 3 Kt., Freiburg i. Br. (Landesamt für Geologie, Rohstoffe und Bergbau). [Bearbeiter: Anders, B. & Kimmig, B., m. Beitr. v. Werner, E. & Kilger, B.-M.]
- (2011b). Blatt L 7512/L 7514 Offenburg/Oberkirch und Blatt L 7712 Lahr im Schwarzwald, mit Erläuterungen. – Karte der mineralischen Rohstoffe von Baden-Württemberg 1 : 50 000, 362 S., 55 Abb., 15 Tab., 3 Kt., 1 CD-ROM, Freiburg i. Br. (Landesamt für Geologie, Rohstoffe und Bergbau). [Bearbeiter: Poser, C. & Kleinschnitz, M., m. Beitr. v. Bauer, M. & Werner, W.]
- (2017). Blatt L 8110/L 8112 Müllheim/Freiburg i. Br.-Süd (Westteil) und L 8310/L 8312 Lörrach/Schopfheim (Westteil), mit Erläuterungen. – Karte der mineralischen Rohstoffe von Baden-Württemberg 1 : 50 000, 432 S., 196 Abb., 18 Tab., 4 Kt., Freiburg i. Br. (Landesamt für Geologie, Rohstoffe und Bergbau). [Bearbeiter: Kimmig, B., Elsäßer, L., Werner, W., Schmitz, M.]
- (2011). Erläuterungen zur Geologischen Übersichts- und Schulkarte von Baden-Württemberg 1 : 1 000 000. 13. Aufl., 374 S., 1 Karte, Freiburg i. Br.
- (1996a). Lagerstättenpotentialkarte der Kiesvorkommen in der Region Südlicher Oberrhein mit Erläuterungen. Geologische Untersuchungen zur Umsetzung des Rohstoffsicherungskonzepts. 51 S., 17 Anl., Freiburg i. Br. (Geologisches Landesamt Baden-Württemberg).